Sozialleistungen sind auch rückwirkend zu erbringen, wenn ein unverständliches Formular zu falschen Angaben führt. Mit einem am Dienstag, 09.08.2011, veröffentlichten Urteil sprach daher das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt einem Schwerbehinderten rückwirkend höhere Sozialhilfe zu (AZ: L 7 SO 92/10).

Die Eltern des 1986 geborenen jungen Mannes hatten 2005 für ihn eine Erwerbsminderungsrente beantragt. Im Antragsformular bejahte der Vater die Frage, ob das Kindergeld an das Kind „weitergeleitet“ werde. Bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente wurde das Kindergeld daher als Einkommen des Schwerbehinderten mindernd berücksichtigt.

Anspruch auf Kindergeld haben immer die Eltern. Nach Urteilen des Finanzgerichts Münster müssen die Eltern behinderter Kinder das Kindergeld nicht an die Sozialhilfe abgeben, wenn sie selbst Aufwendungen für das Kind mindestens in Höhe des Kindergeldes haben (AZ: 12 K 1891/10 Kg); dabei ist die Betreuung des Kindes mit zu berücksichtigen (AZ: 12 K 2057/10 Kg).

Das Kindergeld gilt als „weitergeleitet“, wenn die Eltern das Geld den Kindern jeweils bar auszahlen oder besser noch auf ein eigenes Konto überweisen, so dass das Kind selbst über das Geld verfügen kann. Im konkreten Fall war das Geld aber in der Familienkasse verblieben und dort mit für das Kind verwendet worden. 2008 fiel dem Rechtsanwalt der Familie der Fehler auf. Er beantragte sofort höhere Leistungen. Die Sozialhilfe-Behörde bewilligte dies nur für die Zukunft.

Doch dem Behinderten steht die höhere Erwerbsminderungsrente auch rückwirkend zu, urteilte das LSG. Der Vater habe schlicht nicht verstanden, was mit „weitergeleitet“ gemeint sei. Er habe somit weder vorsätzlich falsche Angaben gemacht noch dies billigend in Kauf genommen. Das Gesetz sehe daher auch eine rückwirkende Korrektur des zu niedrigen Leistungsbescheides vor.

Gegen dieses am 20.05.2011 verkündete Urteil hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.