Haben Eltern die Wahl, ihr behindertes Kind auf eine öffentliche Sonderschule oder eine private integrative Grundschule zu schicken, ist der Sozialhilfeträger an deren Entscheidung gebunden und muss gegebenenfalls auch Eingliederungshilfe zahlen. Dies hat das Sozialgericht Heilbronn in einem am Mittwoch, 10.08.2011, veröffentlichten Leitsatzurteil (AZ: S 13 SO 4338/07) entschieden.

Damit bekam ein schwer körperlich und geistig behinderter, 1997 geborener Junge teilweise recht. Das Schulamt hatte den Rollstuhlfahrer erst auf eine öffentliche Sonderschule verwiesen. Als Mitglied der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde International Baptist Church waren die Eltern mit dem Unterricht dort jedoch unzufrieden. Sie beantragten „aus religionspädagogischen Gründen“, dass ihr Kind auf eine private integrative Grundschule umgeschult wird.

Auf der privaten Grundschule liege der Schwerpunkt auf der Vermittlung eines christlichen Menschenbildes. So würden dort beispielsweise täglich Andachten vorgenommen – auch Rollenspiele zu biblischen Geschichten gehörten zum Unterricht. Schließlich würden in den Schulklassen nicht nur geistig, sondern auch körperbehinderte und nicht-behinderte Kinder unterrichtet. Das Schulamt hielt sowohl die Privatschule als auch die öffentliche Schule für angemessen und überließ die Wahl den Eltern.

Der Sozialhilfeträger forderte jedoch, dass die Eltern ihr Kind auf die öffentliche Sonderschule schicken. Diese sei kostenfrei, für die private Grundschule müsse dagegen täglich 13,62 € gezahlt werden. Diese Kosten der Privatschule seien von der Eingliederungshilfe nicht gedeckt. Denn ihr Kind erhalte schließlich auch in der kostenfreien Schule eine angemessene Schulbildung. Eine religiöse Erziehung über den Religionsunterricht hinaus sei nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe. Die Integration des Kindes in ein Umfeld mit nicht-behinderten Kindern könne auch über Nachbarn oder den Besuch von Kinderspielplätzen erfolgen.

Das Sozialgericht entschied in seinem am 10.03.2011 verkündeten Urteil, dass normalerweise diejenige Sonderschule besucht werden muss, in deren Schulbezirk der Schüler wohnt. Diese Vorschrift gelte jedoch nicht für Schulen in freier Trägerschaft. Halte das Schulamt diese ebenfalls für angemessen, könnten die Eltern eine Umschulung verlangen. Die Kosten sind dann vom Sozialhilfeträger zu übernehmen – vorausgesetzt, der Schulbesuch führe zu einem „integrativen Mehrwert“. Dies sei mit dem Konzept der gemischten Klassen der Fall.

Die von den Eltern vorgebrachten religiösen Gründe für die neue Schulwahl begründeten dagegen keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe, betonten die Heilbronner Richter. Denn die „religiöse Stärkung“ ihres Kindes liege in der Hand der Eltern und nicht der Schule.