Zum Auftakt in das bald nahende Wochenende ein Fall aus der Rubrik “kuriose Rechtstreitigkeiten”:

Der Beklagte war auf den Hof eines Bauern gefahren, um dort aus beruflichen Gründen Fotos von einem Gastank anzufertigen. Dabei fuhr er an dem Hühnerstall des späteren Klägers vorbei, was unter den Hühnern zu einer Massenpanik führte. 143 Hennen starben wegen des Schocks oder indem sie von ihren Artgenossinnen erdrückt wurden.

Der Bauer verlangte daraufhin vor dem Landgericht Bielefeld (AZ: 9 O 36/96) und in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm (AZ: 13 U 121/96)  Schadensersatz von dem verklagten Ingenieur, weil dieser die Panik der Hennen dadurch ausgelöst habe, dass er mit seinem Pkw in die unmittelbare Nähe des Stalls gefahren sei und auch noch die Tür des Pkw geöffnet und später wieder geschlossen habe.

Das Oberlandesgericht Hamm überzeugte die Argumentation des Bauerns nicht. Im Urteil vom 11.12.1996 lehnte es das Verlangen des Klägers ab:

Dem Kläger stehen aufgrund des Vorfalls vom 20.09.1994 keine Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten zu, und zwar auch dann nicht, wenn man den – in den Einzelheiten bestrittenen – Sachvortrag des Klägers als richtig unterstellt.

Schadenersatzansprüche nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG scheitern daran, dass der Schaden des Klägers von dem Schutzzweck dieser Vorschriften nicht abgedeckt wird. Die Panikreaktion der Hennen soll darauf zurückzuführen sein, dass der Beklagte mit seinem Pkw in die unmittelbare Nähe des Stalles gefahren ist und die Tür des Pkw geöffnet und später wieder geschlossen hat. Dass die Hühner ungewöhnlich empfindlich gegen Lichtreize und Geräusche seien, trägt der Kläger selbst vor. Bei wertender Betrachtung ist diese Empfindlichkeit, die ihren Grund in der Intensiv-Aufzucht, d. h. der Haltung einer großen Anzahl von Tieren in verhältnismäßig engen Stallungen, hat, das Risiko des Tierhalters; sie gehört nicht zu den Nachteilen aus der Duldung des Kraftfahrzeug-Betriebs. Dass der Beklagte über den ca. 50 m langen Zuweg zu den Stallungen gefahren sein soll, obwohl der Kläger eingangs des Weges ein Schild “Betreten verboten” aufgestellt hatte, ändert daran nichts.

Ein Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB scheitert aus denselben Gründen, so dass es darauf, ob – wie das Landgericht ausgeführt hat – das Verhalten des Beklagten für die Schäden des Klägers schon nicht adäquat ursächlich ist, nicht ankommt.

Ein Schadenersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 123 StGB kommt nicht in Betracht, weil die Vorschrift des § 123 StGB (Hausfriedensbruch) keine Vermögensinteressen, sondern allein das Hausrecht als Interesse an der ungestörten Betätigung des eigenen Willens in einem bestimmten Bereich schützt. Dasselbe gilt für einen Schadenersatzanspruch nach §§ 823 Abs. 2, 858 BGB.

Nun gut, man kann es ja mal probieren, dachte sich der Bauer sicherlich, auch wenn er letztlich vor Gericht scheiterte. Ob der Kläger die Haltung zukünftig tiergerechter gestaltete, ist nicht bekannt. Den Tieren wäre es zu wünschen.

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