Hunderttausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst können mehr Urlaub beanspruchen. Denn die Vorschriften über die Urlaubsdauer im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sind altersdiskriminierend und dürfen nicht angewendet werden, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag, 20.03.2012, in Erfurt (AZ: 9 AZR 529/10). Allen TVöD-Beschäftigten müssten 30 Urlaubstage gewährt werden. Nach den tariflichen Regelungen war dies nur Beschäftigten vorbehalten, die älter als 40 Jahre sind. Jüngere sollten noch diesen Monat einen Nachschlag für 2011 geltend machen.

Vergleichbare Alters-Vorschriften gibt es auch im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Hierüber hatte das BAG jedoch nicht entschieden.

Geklagt hatte eine 39-jährige Angestellte des Landkreises Barnim in Brandenburg. Die Frau wollte nicht einsehen, dass sie nach dem TVöD weniger Urlaub beanspruchen kann, als ihre über 40 Jahre alten Kollegen. Die tariflichen Regelungen sehen vor, dass Beschäftigte bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 26 Urlaubstage, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 29 Urlaubstage und ab einem Alter von 40 Jahren 30 Urlaubstage beanspruchen können.

Für die Streitjahre 2008 und 2009 forderte die 39-Jährige jeweils einen weiteren Urlaubstag mehr. Sie wolle gleich langen Urlaub haben, wie ihre älteren Kollegen. Denn die TVöD-Vorschriften seien eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters. Es liege ein Verstoß gegen das seit 16.08.2006 geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor.

Das BAG gab der Frau nun recht. Die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer im TVöD sei altersdiskriminierend. Es gebe auch kein „legitimes Ziel“, welches die Altersbenachteiligung in zulässigerweise rechtfertigt.

Zwar könne bei älteren Arbeitnehmern ein gesteigertes Erholungsbedürfnis angenommen werden, welches eine längere Urlaubsdauer eventuell rechtfertigen könnte. Doch dies habe beim TVöD keine Rolle gespielt. Denn Beschäftigte, die das 30. oder 40. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, seien nicht so alt, dass ein längerer Urlaub gerechtfertigt ist, stellte das BAG klar.

Um die bestehende Diskriminierung zu beseitigen, müssten daher allen TVöD-Beschäftigten 30 Tage Urlaub gewährt werden.

Nach Angaben des DGB-Rechtsschutzes in Kassel, der die Klägerin vor dem BAG vertreten hat, kann dieser Urlaubsanspruch auch rückwirkend geltend gemacht werden. So gelte für den TVöD eine Ausschlussfrist von sechs Monaten, d. h., machen Beschäftigte jetzt noch Urlaubstage für das Jahr 2011 geltend, muss der Arbeitgeber diese gewähren oder unter Umständen einen finanziellen Ausgleich zahlen.

Nach den gesetzlichen Regelungen muss der Urlaub bis Ende März des Folgejahres beantragt werden, um diesen noch nehmen zu können. Für viele TVöD-Beschäftigte bedeutet dies, dass sie ihren Urlaubsnachschlag bis Ende dieses Monats geltend machen sollten. Nach dieser Frist kann der Urlaub unter Umständen nur noch finanziell abgegolten werden.

Mittlerweile haben sich die Tarifvertragsparteien auf eine Änderung der Urlaubsstaffelung des § 26 TVöD auf 29 bzw. 30 Urlaubstage verständigt. Den entsprechenden Artikel vom 04.04.2012 können Sie hier lesen.

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