Patienten mit schmerzhaften Ansammlungen von Fett unter der Haut können nun doch noch auf Unterstützung der gesetzlichen Krankenversicherung hoffen. Mit einem am Montag, 30.04.2012, veröffentlichten Urteil verpflichtete das Sozialgericht (SG) Chemnitz eine Krankenkasse, das Absaugen des Fettes zu bezahlen (AZ: S 10 KR 189/10). Es widersprach damit einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Mainz.

Sogenannte Lipödeme entstehen durch eine ungleiche Verteilung des Fettgewebes unter der Haut, meist an den Beinen oder Armen. Die Fettansammlungen führen zu Schmerzen, Berührungsempfindlichkeit und einer Neigung zu Blutergüssen. Die gesetzlichen Krankenkassen setzen hiergegen bislang auf eine Entstauungstherapie (Lymphdrainagen) und gegebenenfalls auf eine Umstellung der Ernährung. Das operative Absaugen des Fetts (sogenannte Liposuktion) wird von den gesetzlichen Kassen dagegen bislang nicht bezahlt.

Grund ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen, der über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet, die Methode noch nicht empfohlen hat. Es handele sich daher rechtlich um eine sogenannte „neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode“, die die Krankenkassen nur bei besonders schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten bezahlen müssen, urteilte bereits am 16.12.2008 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 1 KR 11/08 R). Das Sozialgericht (SG) Mainz hatte dies mit Urteil vom 23.04.2012 noch bekräftigt (AZ: S 14 KR 143/11).

Doch die vermeintlich „neue“ Methode ist nicht mehr neu, argumentierte das SG Chemnitz in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 01.03.2012. Während sich die gesetzlichen Kassen rat- und hilflos gäben, werde die Methode privat bereits seit zehn Jahren erfolgreich angewendet. Dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss trotzdem noch nicht mit der Methode beschäftigt habe, sei ein „Systemversagen“, das zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung führen könne. Da im konkreten Fall ein Gutachter die Methode empfohlen habe, habe die Patientin auch einen Anspruch darauf.

Wann das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel den Streit der Instanzgerichte klären kann, ist noch nicht absehbar. Im Chemnitzer Fall hat die Krankenkasse das Urteil akzeptiert, so dass dieser nicht zum BSG gelangen wird. Ein anderer Fall ist in Kassel ebenfalls noch nicht anhängig.

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