Nach einer Zwillingsgeburt können beide Eltern gleichzeitig Elternzeit nehmen. Haben beide vorher gearbeitet und betreuen nun beide daheim ihre Kinder, dann haben auch beide Anspruch auf volles Elterngeld, wie das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München mit einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied (AZ: L 12 EG 26/08). Das Gesetz gewähre Elterngeld „für jedes Kind“.

Im entschiedenen Fall brachte die Mutter im Februar 2007 einen Jungen namens Robin und ein Mädchen Enya als Zwillinge zur Welt. Beide Elternteile gingen in Elternzeit und blieben fortan zuhause. Der Vater beantragte zwölf Monate Elterngeld für den Sohn, die Mutter zwölf Monate für die Tochter. Danach wollten sie tauschen und die zwei „Partnermonate“ für das jeweils andere Kind nehmen.

Die Elterngeldstelle Oberfranken bewilligte Elterngeld aber nur für insgesamt 14 Monate für beide Kinder und beide Eltern zusammen. Zudem gewährte es einen Zwillings-Erhöhungsbetrag von 300,00 €.

Wie das LSG München entschied, können aber durchaus beide Eltern parallel Elterngeld bekommen. Gegen sein bereits am 23.11.2011 verkündetes aber erst jetzt schriftlich veröffentlichtes Urteil ließ das LSG wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Die mündliche Verhandlung vor dem BSG fand am 27.06.2013 statt: Nach einer Zwillingsgeburt können beide Eltern gleichzeitig Elternzeit nehmen. Beide haben dann auch Anspruch auf Elterngeld, so das BSG in Kassel (AZ: B 10 EG 3/12 R (Mutter) und B 10 EG 8/12 R (Vater)). Wegen Besonderheiten während der Mutterschutz-Zeit verkürzt sich der Anspruch des Vaters allerdings um zwei oder drei Monate.

In oberster Instanz entschied nun das BSG, dass beide Eltern gleichzeitig für jeweils eines der Kinder Elterngeld bekomme können. Der Anspruch der Eltern beziehe sich jeweils auf das einzelne Kind. „Für Eltern von Mehrlingen gilt insoweit nichts Anderes“, erklärten die Kasseler Richter. Das Gesetz verhindere nur, dass ein Elternteil gleichzeitig Ansprüche für mehrere Kinder geltend machen kann. Der Anspruch für den Partner dagegen werde auch vom Mehrlingszuschlag nicht verdrängt.

Dabei sei der Mehrlingszuschlag gesetzlich an den Bezug von Elterngeld gebunden. Wenn beide Eltern gleichzeitig Elterngeld bekommen, stehe daher auch beiden der Zuschlag von jeweils 300,00 € monatlich gleichzeitig zu, urteilte das BSG. Dabei räumten die obersten Sozialrichter ein, dass dies nicht unbedingt „sachgerecht“ sei. Der Mehrlingszuschlag sei aber ohnehin insgesamt „eine Fehlkonstruktion“.

Nach dem Urteil im Fall des Vaters vermindert sich dessen Anspruch während der ersten Monate nach der Schwangerschaft. Grund ist, dass nach den gesetzlichen Vorgaben auch dem Vater das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld als Einkommen auf das Elterngeld angerechnet werden. In diesem Punkt blieb die Klage des Vaters ohne Erfolg.. Er bekommt daher nicht wie seine Frau 14 Monate Elterngeld, sondern nur elf Monate: neun Monate für Robin plus zwei Partnermonate für Enya.

Ebenso wies das BSG sein Argument ab, das zur Berechnung des Elterngeldes herangezogene Nettoeinkommen dürfe den Abzug der Kirchensteuer nicht mit berücksichtigen. Andernfalls würden Mitglieder der evangelischen oder katholischen Kirchen gegenüber Glaubensgemeinschaften benachteiligt, die sich allein aus Spenden finanzieren. Wie das BSG betonte, sei die Kirchensteuer aber eine „Pflichtabgabe“ und die Ungleichbehandlung daher berechtigt.

Nach Angaben des „Zentrums Bayern Familie und Soziales“, das den Freistaat vor dem BSG vertreten hatte, gab es 2011 bundesweit 11.500 Mehrlingsgeburten. Bei 20.000,00 € je Fall könnten durch die Kasseler Rechtsprechung Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe entstehen.

Nach Informationen des BSG denkt die Bundesregierung allerdings bereits darüber nach, das Elterngeld für Mehrlingseltern neu zu regeln. Die Bundesregierung habe hierfür allerdings zunächst das Urteil des obersten Sozialgerichts abwarten wollen.

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