Nehmen Arbeitnehmer für die frühzeitige Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses eine „Turbo-Abfindung“ in Anspruch, können sie nicht mit einer „Turbo-Arbeitslosengeld-Zahlung“ rechnen. Denn hat der Beschäftigte nicht versucht, sein Arbeitsverhältnis so lange wie möglich zu erhalten, droht eine zwölfwöchige Arbeitslosengeld-Sperrzeit, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Montag, 09.07.2012, bekanntgegebenen Urteil (AZ: L 7 AL 186/11).

Im entschiedenen Rechtsstreit war die 57-jährige Klägerin im Lufthansa-Callcenter in Kassel beschäftigt. Als klar war, dass die Lufthansa den Betriebsstandort schließen wird, unterschrieb die als Betriebsratsvorsitzende tätige Frau umgehend einen Aufhebungsvertrag. Für die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhielt sie eine erhöhte „Turbo-Abfindung“ in Höhe von 75.060,00 €.

Sogenannte Turbo-Prämien werden von Arbeitgebern gezahlt um insbesondere bei Massenentlassungen schnell Rechtssicherheit zu haben, weil Arbeitnehmer auf eine Kündigungsschutzklage verzichten oder sogar – wie hier – einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hielt die Abfindungsvereinbarung jedoch für viel zu verfrüht. Die Beschäftigte habe ihre Arbeitslosigkeit damit „grob fahrlässig“ herbeigeführt, so dass auf das Arbeitslosengeld eine zwölfwöchige Sperrzeit verhängt werden müsse.

Die Frau hielt dies für ungerecht. Zum einen hätte sie keine Abfindung erhalten, wenn sie auf einen Lufthansa-Arbeitsplatz in einer anderen Stadt vermittelt worden wäre. Außerdem müsse sie sich auch um ihre pflegebedürftigen Eltern kümmern, so dass ein Ortswechsel für sie sowieso nicht infrage gekommen wäre. Daher sei die Annahme der Abfindung gerechtfertigt gewesen.

Das LSG gab in seinem Urteil vom 22.06.2012 jedoch der BA recht. Ohne Auflösungsvertrag hätte das Arbeitsverhältnis erst nach Durchführung eines Clearingverfahrens und damit zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden können. Die Klägerin habe damit ihre frühe Arbeitslosigkeit „grob fahrlässig“ herbeigeführt. Um eine Sperrzeit zu vermeiden, hätte die Frau es aber versuchen müssen, ihr Beschäftigungsverhältnis so lange wie möglich zu erhalten.

Ein Arbeitsplatzwechsel in eine andere Stadt wäre für die Klägerin wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Eltern zwar eine unzumutbare Härte gewesen. Statt des Aufhebungsvertrags mit „Turbo-Abfindungsprämie“ hätte sie aber die betriebsbedingte Kündigung abwarten können. Der Sozialplan habe in diesem Fall ebenfalls eine – wenn auch geringere – Abfindung vorgesehen.

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