Gehen Arbeitnehmer während einer Rufbereitschaft mit ihrem Hund Gassi, sind sie während eines gleichzeitig geführten dienstlichen Telefonats unfallversichert. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am Donnerstag, 14.02.2013, veröffentlichten Urteil entschieden (AZ: L 15 U 270/12).

Konkret ging es um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls bei einer Altenpflegerin. Die Frau ging regelmäßig auch Rufbereitschaften nach. Ihr Arbeitgeber gestattete ihr dabei, dass sie sich frei bewegen kann. Sie müsse nur auf ihrem Diensthandy telefonisch erreichbar sein.

Als die Klägerin am 10.01.2010 während einer Rufbereitschaft mit ihrem Hund spazieren ging, nahm sie daher ihr Diensthandy mit. Als sie dann auch tatsächlich ein Dienstgespräch führen musste, übersah sie während des Telefonierens eine Bordsteinkante und stürzte. Sie brach sich einen Knöchel. Den Unfall wollte die Altenpflegerin von der zuständigen Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkannt haben.

Doch der gesetzliche Unfallversicherungsträger winkte ab. Es handele sich hier um eine sogenannte gemischte Tätigkeit. Während das Telefonieren einen beruflichen Bezug hatte, war das Gassigehen rein privat motiviert. Nicht sämtliche Tätigkeiten während der Rufbereitschaft seien aber unfallversichert, so die Berufsgenossenschaft.

Entscheidend sei, ob der Unfall vorwiegend auf die private oder die berufliche Tätigkeit zurückgehe. Hier sei die Klägerin nicht etwa auf der Suche nach dem klingelnden Diensthandy gestürzt, sondern beim Gehen während des privat motivierten Spaziergangs. Es bestehe daher kein innerer Zusammenhang zwischen dem Sturz und der versicherten Tätigkeit der Rufbereitschaft.

Das LSG gab jedoch in seinem Urteil vom 18.12.2012 der Altenpflegerin recht. Eine gemischte Tätigkeit setze „zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen zumindest eine im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht“, so die Essener Richter. Hier habe eine Kollegin die Klägerin über die Absage eines Pflegetermins informieren wollen. Zur Frage des Unfallversicherungsschutzes sei entscheidend, ob die berufliche Tätigkeit – wie hier das Telefonieren – vorherrschend ist.

Die Klägerin hätte auch ohne den Spaziergang zum klingelnden Diensthandy gegriffen, betonte das LSG. Da die Frau in jedem Fall telefoniert hätte, stehe die gemischte Handlung – also das Gehen und das Telefonieren – insgesamt unter Versicherungsschutz. Der Sturz sei daher als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zugelassen.

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Fotomodel: Yuma