© petrol - Fotolia.comTaubstumme behinderte Menschen können bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel grundsätzlich keine Begleitperson kostenfrei mitnehmen. Ein Anspruch auf Eintragung des „Merkzeichens B“ in den Schwerbehindertenausweis, welches die Notwendigkeit ständiger Begleitung bescheinigt, besteht in der Regel nicht, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am Freitag, 24.05.2013 veröffentlichten Urteil (AZ: L 6 SB 5788/11). Damit bekräftigten die Stuttgarter Richter in ihrer am 21.02.2013 verkündeten Entscheidung die bisherige Rechtsprechung.

Im konkreten Rechtsstreit hatte eine seit ihrer Kindheit taubstumme Frau die Eintragung des „Merkzeichen B“ in ihrem Schwerbehindertenausweis beantragt. Sie sei darauf angewiesen, dass sie bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ständig eine Begleitperson dabei habe. Sie könne sich wegen ihrer Hör- und Sprach-Behinderung in der Öffentlichkeit nicht richtig orientieren.

So könne sie an Bahnsteigen oder in Bussen und Bahnen keine Lautsprecherdurchsagen wahrnehmen. Sie sei „völlig hilflos“, wenn Haltestellen lediglich durch Ansagen bekanntgegeben werden. Ihre Behinderung sei letztlich mit der eines Blinden gleichzusetzen, so dass ihr eine Begleitperson zustehen müsse.

Nach den geltenden Bestimmungen gehen die Behörden davon aus, dass erheblich Sehbehinderte, geistig Behinderte oder auch Querschnittsgelähmte auf eine ständige Begleitung angewiesen sind. Diese erhalten dann das „Merkzeichen B“.

Bei der Klägerin hatte das zuständige Versorgungsamt den Anspruch dagegen verneint. Die erwachsene Frau habe eine Gehörlosenschule abgeschlossen und sei als Hilfsarbeiterin beschäftigt gewesen. Sie könne schriftlich mit ihrer Umwelt kommunizieren. Auch eine Orientierungsstörung liege bei ihr nicht vor.

Dem folgte auch das LSG. Schwerbehinderte Menschen seien nur dann zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt, wenn sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen ihrer Behinderung „regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind“ oder die Begleitung zum Ausgleich von Orientierungsstörungen benötigen.

Dies sei bei der Klägerin jedoch nicht der Fall. Nach Abschluss der Gehörlosenschule sei davon auszugehen, dass sich taubstumme Menschen grundsätzlich orientieren können. Sie könnten zudem Passanten oder andere Fahrgäste schriftlich nach dem Weg fragen. Mittlerweile stünden Taubstummen auch über das Internet zugängliche Stadtpläne oder in Smartphones integrierte Navigationssysteme zur Verfügung. Hier verfüge die Klägerin sogar noch über einen Führerschein. Sie sei jahrelang mit dem Auto zur Arbeit gefahren. Von einer Orientierungslosigkeit könne daher keine Rede sein.

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