© Fotowerk - Fotolia.comKranke Arbeitnehmer müssen nicht rund um die Uhr das Bett hüten. Sogar ein Bewerbungsgespräch kann erlaubt sein, wenn dies die Genesung nicht verzögert, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschied (AZ: 5 Sa 106/12).

Damit gab das LAG der Kündigungsschutzklage eines Abteilungsleiters eines Sanitärfachhandels statt. Gespräche, ihm die Geschäftsführung zu übertragen, endeten im Frühjahr 2011 ohne Einvernehmen. Daraufhin bewarb sich der Mann um die Geschäftsführung einer gemeinnützigen städtischen Gesellschaft. Am 22.08.2011 sollten sich die aussichtsreichsten Bewerber öffentlich in der Bürgerschaft vorstellen. Der Kläger nahm daran teil, obwohl er vom 8. bis 24.08.2011 krankgeschrieben war. Als der Arbeitgeber am nächsten Tag davon in der Zeitung las, kündigte er.

Die Klage dagegen hatte Erfolg. Ein kranker Arbeitnehmer müsse sich zwar so verhalten „dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwindet“, heißt es in den Rostocker Urteilsgründen. „Das bedeutet aber nicht, dass er stets nur das Bett zu hüten hat, oder jedenfalls die eigene Wohnung nicht verlassen soll.“ Vielmehr hänge es von der jeweiligen Krankheit ab, „welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt sind“.

Im konkreten Fall habe ein eingeklemmter Nerv zu einer eingeschränkten Bewegungsfähigkeit des rechten Arms geführt. Der Arzt habe daher Anweisung gegeben, den Arm nicht zu belasten. „Damit ist nicht erkennbar, weshalb es dem Kläger verboten sein sollte, sich in der Bürgerschaft der Hansestadt während der Arbeitsunfähigkeit für den von ihm angestrebten Posten vorzustellen.“ Die Teilnahme an der Bewerber-Runde sei kein „genesungswidriges Verhalten“ gewesen, so das LAG.

Auch der mit der Bewerbung möglicherweise gezeigte „Abkehrwille“ vom bisherigen Arbeitgeber könne eine Kündigung nicht rechtfertigen. Die Suche nach alternativen Stellen sei Teil der im Grundgesetz verbürgten Berufsfreiheit. „Eine Kündigung kann daher allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten im alten Arbeitsverhältnis zugunsten seiner zukünftigen Tätigkeit vernachlässigt“, heißt es in dem Rostocker Urteil vom 05.03.2013. Schlüssige Anhaltspunkte dafür habe in Streitfall der Arbeitgeber nicht vorgetragen.

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