© Alexander Steinhof - Fotolia.comDie seit März 2008 im Gesundheitsbereich tätige Gewerkschaft „medsonet – Die Gesundheitsgewerkschaft“ war nie tariffähig und durfte damit auch keine Tarifverträge abschließen. Dies hat am Dienstag, 11.06.2013, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt klargestellt (AZ: 1 ABR 33/12). Arbeitnehmer, die nach den medsonet-Tarifen bezahlt wurden, können nun unter Umständen einen Lohnnachschlag beanspruchen.

„medsonet – Die Gesundheitsgewerkschaft“ war Teil des sogenannten Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) und wurde am 05.03.2008 gegründet. Als Arbeitnehmervertretung hatte die Gewerkschaft mehrere Tarifverträge im Gesundheitsbereich abgeschlossen wie beispielsweise mit Kliniken, Reha-Einrichtungen, Blutspendediensten oder anderen Einrichtungen im Wohlfahrts- und Pflegebereich.

Der Gewerkschaft Verdi war medsonet stets ein Dorn im Auge. Der Verdi-Vorwurf: „medsonet“ sei eine „christliche“ Scheingewerkschaft, die Gefälligkeitstarifverträge mit den Arbeitgebern abschließe. So seien Arbeitnehmerlöhne auf niedrigstem Niveau gehalten worden. medsonet habe aber kaum Mitglieder, so dass die Gewerkschaft gar keine Tarifverträge abschließen dürfe. Vor Gericht wollte Verdi daher klären lassen, ob medsonet überhaupt tariffähig ist.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg gaben Verdi recht. medsonet sei wegen seiner fehlenden sozialen Mächtigkeit nicht tariffähig und dürfe daher keine Tarifverträge abschließen.

Nach eigenen Angaben verfügte medsonet über 7.000 Mitglieder. Dies entsprach einem Organisationsgrad von 0,32 Prozent. Die Gewerkschaft hatte am 11.02.2012 ihre Satzung geändert und hatte sich nunmehr im Wesentlichen auf Einrichtungen in privater und gemeinnütziger Trägerschaft beschränkt. Dadurch stieg der Organisationsgrad auf etwa ein Prozent an.

Das reicht jedoch nicht, um als richtige Gewerkschaft zu gelten, die auch Tarifverträge vereinbaren kann, stellte das LAG Hamburg fest. Eine Tariffähigkeit bestehe nicht, so das LAG am 21.03.2012 (AZ: 3 TaBV 7/11). Nach dieser Entscheidung hatte medsonet am 09.03.2013 eine neue Organisationsstruktur beschlossen und nennt sich nun „Berufsverband medsonet“. Der Verband erklärte, sich nur noch auf Betriebs- und Bildungsarbeit zu beschränken und keine Tarifverträge mehr abschließen zu wollen.

Dennoch hatten medsonet und der Bundesverband Pflege als Arbeitgebervertreter gegen die LAG-Entscheidung zur fehlenden Tariffähigkeit Beschwerde beim BAG eingelegt. Auch Verdi legte Beschwerde ein, damit die Tarifunfähigkeit von medsonet tagesgenau festgestellt wird.

Vor dem BAG zogen medsonet und der Arbeitgeberverband ihre Rechtsbeschwerden nun wieder zurück, so dass die LAG-Entscheidung rechtskräftig geworden ist. Damit war medsonet zu keinem Zeitpunkt tariffähig, stellte das BAG klar.

Wurden Arbeitnehmer nach den medsonet-Tarifen bezahlt, können sie nun möglicherweise mehr Lohn verlangen. Werden Ansprüche geltend gemacht, muss geprüft werden, welcher Tarifvertrag „üblicherweise“ angewandt worden wäre. Sieht dieser höhere Löhne vor, kann eine Nachzahlung beansprucht werden. Nach den geltenden Bestimmungen kann der Nachzahlungsanspruch rückwirkend für die letzten drei Kalenderjahre geltend gemacht werden, es sei denn, im Arbeitsvertrag werden sind gültige Ausschlussfristen enthalten.

Verdi zeigte sich mit dem BAG-Beschluss voll zufrieden. „Mit dieser Entscheidung ist klargestellt, dass die in der Vergangenheit abgeschlossenen Tarifverträge zu keinem Zeitpunkt gültig waren und keine Auswirkungen mehr auf bestehende Arbeitsverhältnisse haben können. Es zeigt sich, dass die Strategie ‚christlicher‘ Scheingewerkschaften keinen Erfolg hat“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.

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