Nicht jede sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz muss zu einer Kündigung führen. Auch hier gelte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Freitag, 30.08.2013, veröffentlichten Urteil vom 17.07.2013 entschied (AZ: 13 Sa 141/12). Gegebenenfalls reiche auch eine Abmahnung aus.

Damit hatte ein Vertriebsingenieur eines großen Maschinenbauunternehmens weitgehend Erfolg. Bei einem geselligen Abendessen anlässlich einer Vertriebskonferenz hatte er auf dem Weg zur Toilette einen Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft seiner Firma an den Bauch gefasst. Auf dem Rückweg von der Toilette umfasste er den Mann ebenfalls in der Magengegend von hinten und presste sich an ihn.

Der Andere hatte sich dadurch belästigt gefühlt und beschwerte sich. Sexuelle Bezüge stellte er in seiner Protestmail aber nicht her. Dennoch kündigte das Unternehmen wegen sexueller Belästigung.

Diese sei fraglich, heißt es nun in dem Stuttgarter Urteil. Doch selbst wenn man eine sexuelle Belästigung unterstelle, sei diese „von einem so geringen Ausmaß und geringer Schwere“, dass eine ordentliche oder gar außerordentliche Kündigung unverhältnismäßig sei. Es sei ein einmaliger Vorfall von der Dauer nur weniger Sekunden gewesen, der den unfreiwillig Umarmten nicht ernstlich bedrängt habe. Eine Erniedrigung, Anfeindung oder Bloßstellung habe darin nicht gelegen.

Daher hätte hier eine Abmahnung ausgereicht, urteilte das LAG. Auf Antrag beider Seiten löste es aber den Arbeitsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung auf.

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