© Corgarashu - Fotolia.comAbzuschiebende Flüchtlinge müssen nicht gegen ihren Willen schriftlich erklären, dass sie „freiwillig“ aus Deutschland ausreisen wollen. Verlangen ausländische Botschaften für die Ausstellung von Passpapieren solch eine „Ehrenerklärung“, dürfen deutsche Behörden wegen einer verweigerten Unterschrift dem Flüchtling nicht die Asylbewerberleistungen kürzen, urteilte am Mittwoch, 30.10.2013, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 7 AY 7/12 R). Man könne von niemandem verlangen, dass er ausreisen will. „Die Gedanken sind schließlich frei“, sagte Wolfgang Eicher, Vorsitzender Richter des 7. BSG-Senats.

Nach den gesetzlichen Vorschriften müssen Flüchtlinge nicht nur an ihrem Asylverfahren mitwirken, sie sind auch verpflichtet, sich um fehlende Passpapiere zu kümmern. Nur mit entsprechenden Ausweispapieren können abgelehnte Asylbewerber wieder in ihr Heimatland abgeschoben werden. Mitunter verlangt eine ausländische Botschaft für die Ausstellung eines Passes eine sogenannte „Ehrenerklärung“, nach der der Flüchtling „freiwillig“ ausreisen will.

Im jetzt vor dem BSG verhandelten Fall hatte eine aus Mali nach Deutschland geflohene Frau genau dies verweigert. Der Asylantrag der 1997 eingereisten Frau wurde abgelehnt. Sie war nur noch geduldet und sollte nach Mali wieder abgeschoben werden.

Wegen eines fehlenden Passes war dies nicht möglich. Die deutschen Behörden verlangten daher von der Frau, sich bei der malischen Botschaft um entsprechende Ausweispapiere zu kümmern.

Die Botschaft wollte einen Pass jedoch nur ausstellen, wenn die Frau eine „Ehrenerklärung“ unterschreibt. Darin sollte sie erklären, dass sie „freiwillig“ aus Deutschland ausreisen wolle.

Doch die Frau verweigerte die Unterschrift. Sie wolle nicht „freiwillig“ ausreisen. Mit der Unterschrift unter der Ehrenerklärung würde sie lügen.

Der Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt sah in der Weigerung der Klägerin, ihren Willen nicht zu ändern, eine Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten. Sie müsse aber an der Beschaffung der Ausweispapiere freiwillig mitwirken. Der Kreis kürzte daher der Frau die Asylbewerberleistung um das „Taschengeld“ von 40,90 € monatlich.

Doch die obersten Sozialrichter gaben der malischen Frau nun recht. Niemand könne verlangen, dass er seinen Willen ändert. Denn in Deutschland gelte immer noch der Grundsatz, dass die Gedanken frei sind. „Freiwillig heißt ‚freier Wille ‘“, sagte Eicher. Würde man diesen Grundsatz missachten, „wären wir in einem totalitären Regime“. Die verweigerte Unterschrift unter der Ehrenerklärung begründe daher keine Kürzung der Asylbewerberleistungen.

Mittlerweile verlangt Mali für die Ausstellung von Ausweispapieren von Flüchtlingen nicht mehr eine schriftliche Ehrenerklärung, dass sie „freiwillig“ ausreisen wollen. Dagegen halten andere Länder, etwa der Iran, an solch einer Erklärung fest.

Den konkreten Fall verwies das BSG an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zurück. Dieses muss noch Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Klägerin treffen.

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