© Alexander Steinhof - Fotolia.comMindestlöhne sind auch nur für bestimmte Branchen zulässig. Durch gezielte Auswahl bestimmter Branchen wird das Gleichheitsgebot nicht verletzt, heißt es in einem am 11.09.2014 veröffentlichten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt (AZ: 4 AZR 802/11). Soweit nichts anderes geregelt ist, kann danach ein solcher Mindestlohn auch durch eine Spätschichtzulage erfüllt werden, nicht aber durch eine Zulage für Nachtschichten oder durch vermögenswirksame Leistungen.

Der Kläger arbeitet bei einem Recyclingunternehmen für Altpapier. Er bedient dort eine Maschine, die das Altpapier nach ihrer Eignung für die Papier- und die Kartonherstellung trennt. In seinem Arbeitsvertrag aus 2005 ist ein Stundenlohn von 6,73 € festgesetzt. Nach einer Betriebsvereinbarung gab es für Spätschichten einen Zuschlag von fünf und für Nachtschichten von 25 Prozent. Die vertragliche Arbeitszeit beträgt 40, die tatsächliche 37,5 Stunden plus 2,5 Stunden bezahlte Pausen.

Ende 2009 wurde ein Mindestlohn-Tarifvertrag für die Abfallwirtschaft für allgemeinverbindlich erklärt. Der dort festgesetzte Mindestlohn beträgt 8,02 € je Stunde.

Der Arbeitgeber rechnete die Zuschläge auf den Mindestlohn an. Er meint, eigentlich sei der Mindestlohn komplett unwirksam. Dagegen fordert der Arbeitnehmer den Mindestlohn und zusätzlich die Zuschläge.

Das BAG stellte nun zunächst klar, dass branchenbezogene Mindestlöhne zulässig sind. Der Gleichheitsgrundsatz ist nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe davon ausgehen dürfen, dass in diesen Branchen „die dort üblicherweise durch Tarifverträge geregelten Arbeitsbedingungen aktuell gefährdet seien“. Auch sei das Altpapier-Recycling der Abfallwirtschaft zuzurechnen.

Weiter entschied das BAG, dass der Arbeiter Anspruch auf die Mindestlohn-Vergütung für die vollen arbeitsvertraglichen 40 Stunden hat. Der Arbeitgeber darf die bezahlten Pausen davon nicht ausnehmen.

Allerdings wurde der Anspruch auf den Mindestlohn durch die gezahlte Spätschichtzulage bereits teilweise erfüllt, urteilte das BAG. Diese sei auf den tariflichen Mindestlohn anzurechnen.

Das gelte aber nicht für die Nachtschichten. Denn hier seien die Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, für die Nachtarbeit „eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag“ auf den Lohn zu gewähren. Nach dem Erfurter Urteil darf eine nach diesen Vorschriften gezahlte Zulage nur dann angerechnet werden, wenn der Mindestlohn-Tarifvertrag dies ausdrücklich erlaubt. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Ebenso darf der Arbeitgeber vermögenswirksamen Leistungen nicht auf den Mindestlohn anrechnen. Denn diese verfolgten einen völlig anderen Zweck als der reguläre Lohn. Insbesondere seien die vermögenswirksamen Leistungen nicht für den täglichen Lebensunterhalt gedacht, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 16.04.2014.

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