© Dan Race - Fotolia.comÜber 6.400 private E-Books, Musik, Bilder und Filme auf dem Arbeitsplatz-Computer zu speichern und davon Raubkopien zu erstellen, sollte gerade auch für einen Justizangestellten eines Oberlandesgerichts tabu sein. Eine deshalb ausgesprochene fristlose Kündigung ist auch dann wirksam, wenn der Beschäftigte nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern er auch Kollegen das Raubkopieren ermöglicht hat, urteilte am Donnerstag, 16.07.2015, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 2 AZR 85/15). Wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts (LAG) Sachsen-Anhalt wurde das Verfahren jedoch an eine andere LAG-Kammer zurückverwiesen.

Damit muss ein seit Februar 1992 am Oberlandesgericht (OLG) Naumburg beschäftigter Justizangestellter sich wohl bald nach einem neuen Job umsehen. Der Mann ist „IT-Verantwortlicher“ am Gericht und unter anderem für die Bestellung von DVD- und CD-Rohlingen oder auch von Druckerpatronen zuständig.

Anfang März 2013 wurde entdeckt, dass die EDV unzulässig für private Zwecke genutzt wurde. An einem dienstlichen Farbdrucker fand sich ein CD-Cover, welches der Leiter der Wachtmeisterei für seine Tochter ausgedruckt hatte. Im Personalgespräch gab dieser zu, schon mehrfach den Gerichtsdrucker für den Eigengebrauch genutzt zu haben.

Als dann im gleichen Monat eine Geschäftsprüfung des EDV-Bereichs erfolgte, nahm das Drama auch bei dem „IT-Verantwortlichen“ seinen Lauf. Auf dessen Dienst-PC wurden mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Musik- und Filmdateien gefunden. Auf dem Rechner wurde zudem eine Software zum Knacken kopiergeschützter DVDs entdeckt.

Die gerichtsinternen Ermittlungen ergaben, dass zwischen Oktober 2010 bis März 2013 über 1.100 DVDs bearbeitet worden waren. In dem Zeitraum wurde auch etwa die gleiche Menge an DVD-Rohlingen auf Gerichtskosten bestellt. Es fanden sich außerdem mehrere Festplatten, mit ebenfalls privaten oder illegal heruntergeladenen Daten.

Der IT-Verantwortliche gab zu, dass alles, was auf seinem Rechner hinsichtlich der DVDs sei, er „gemacht“ habe. Er gab an, dass er für andere Mitarbeiter „natürlich auch kopiert“ habe. Einige Tage später nahm er diese Bemerkung dann jedoch „ausdrücklich“ zurück.

Der Mann erhielt schließlich die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Er habe während der Arbeitszeit illegal Raubkopien angefertigt und dann auch noch die DVD-Rohlinge auf Gerichtskosten bestellt. Gegen zwei weitere Justiz-Beamte wurden Disziplinarverfahren eingeleitet, die aber noch nicht abgeschlossen sind.

Seine Kündigung hielt der IT-Verantwortliche für unwirksam, zumal „alle gewusst“ hätten, was er tat. Er habe zudem seinen Dienst-PC auch privat nutzen dürfen.

Sowohl das Arbeitsgericht Halle als auch das LAG Sachsen-Anhalt erklärten die Kündigung für unwirksam. Es sei gar nicht klar, was genau der Kläger tatsächlich gebrannt und kopiert habe und was anderen Beteiligten vorzuwerfen sei, so das LAG. Auch habe das Land zunächst nur eigene Ermittlungen getätigt und nicht sofort die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Mit umfassenderen Ermittlungen hätte der Kläger aber eventuell entlastet werden können. Gegen andere Beteiligte seien zudem keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen worden. Dies gebiete aber die Gleichbehandlung.

Vor den obersten Arbeitsrichtern in Erfurt kam der Kläger jedoch nicht so glimpflich davon. Grundsätzlich könne eine fristlose Kündigung auch dann wirksam sein, wenn der Kläger nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern mit anderen Bediensteten zusammengewirkt oder das Raubkopieren ermöglicht hat, so das BAG. Aus dem Umstand, dass ihm die Nutzung seines dienstlichen Rechners für bestimmte private Zwecke erlaubt wurde, konnte er nicht schließen, tausend oder mehr DVDs und CDs anfertigen zu dürfen.

Fehlerhaft gehe das LAG davon aus, dass der Arbeitgeber für die Wirksamkeit einer Kündigung sofort die Strafverfolgungsbehörden hätte einschalten müssen. Solch ein Vorgehen bleibe dem Arbeitgeber unbenommen.

Keine Rolle spiele es, inwieweit der Arbeitgeber auch gegen andere Beschäftigte gleichermaßen vorgegangen ist. „Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet im Rahmen verhaltensbedingter Kündigungen grundsätzlich keine Anwendung“, urteilte das BAG.

Wegen zahlreicher ungenauer und fehlender Feststellungen des LAG konnte das BAG jedoch nicht abschließend über die Wirksamkeit der Kündigung entscheiden. Das Verfahren wurde daher an eine andere LAG-Kammer zurückverwiesen.

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