Ist die Arbeitskleidung von Arbeitnehmern wegen ihrer Tätigkeit regelmäßig stark verschmutzt und zudem noch auffällig, können die Umkleidezeiten und die zugehörigen Wegezeiten im Betrieb als Arbeitszeit gelten. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber gar nicht zwingend vorschreibt, sich im Betrieb umzuziehen, entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) in einem am Dienstag, 03.05.2016, in Frankfurt am Main bekanntgegebenen Urteil (AZ: 16 Sa 494/15).

Geklagt hatte ein im Müllheizkraftwerk Kassel beschäftigter Mann. Aus Arbeitsschutzgründen musste er Arbeitskleidung tragen. Allerdings hatte der Arbeitgeber nicht vorgeschrieben, dass die Beschäftigten sich im Betrieb ihre Schutzkleidung anziehen müssen. Die Kleidung wurde jedoch vom Betrieb gereinigt, auch Umkleideräumlichkeiten wurden angeboten.

Der Beschäftigte zog sich daher im Betrieb um und benötigte dann noch einige Minuten, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen. Er verlangte, dass die Umkleidezeiten und die damit zusammenhängenden innerbetriebliche Wege bis zu seinem Arbeitsplatz als Arbeitszeit anzurechnen seien. Zwar habe der Arbeitgeber die Umkleide im Betrieb nicht verbindlich vorgeschrieben. Seine auffällige Arbeitskleidung werde wegen seiner Tätigkeit aber so dreckig, dass er sich nicht erst zu Hause umziehen könne.

Der Arbeitgeber lehnte es ab, die Umkleidezeiten und die damit verbundenen Zeiten für innerbetriebliche Wege als Arbeitszeit anzurechnen. Hierfür müsse das Umkleiden zwingend vorgeschrieben sein, was hier aber nicht der Fall sei. Auch seien die von dem Arbeitnehmer geltend gemachten Zeiten viel zu lang.

Das LAG gab in seinem Urteil vom 23.11.2015 jedoch dem Arbeitnehmer weitgehend recht. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht am 19.09.2012 entschieden, dass Umkleidezeiten dann anzurechnen seien, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss (AZ: 5 AZR 678/11). Das BAG habe jedoch auch betont, dass das Tragen von Berufskleidung aus primär hygienischen Gründen ebenfalls betrieblichen Belangen dient und damit Umkleidezeiten und Zeiten für innerbetriebliche Wege als Arbeitszeiten gelten können.

Hier müsse der Kläger eine Arbeitsschutzkleidung im Interesse des Gesundheitsschutzes verpflichtend tragen. Das Umkleiden müsse dabei auch im Betrieb erfolgen, so das LAG. So sei die mit einem Firmenschriftzug versehene Arbeitskleidung besonders auffällig. Dem Kläger sei es daher nicht zuzumuten, diese in der Öffentlichkeit zu tragen.

Zum anderen sei die Arbeitskleidung nach Feierabend so dreckig, dass es für den Kläger und Passanten nicht zumutbar sei, damit im Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause zu fahren. Ein vom Kläger vorgezeigter, während der Arbeit getragener Blaumann, sei dermaßen hellbraun eingestaubt gewesen, dass dieser „binnen Minuten die Luft des Sitzungssaales deutlich wahrnehmbar nachteilig veränderte“, heißt es in dem Urteil.

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