Comic Book Explosion, Bombs And Blast SetVerlangt eine Belegschaft die Kündigung eines wegen Kindesmissbrauchs verurteilten aber bereits entlassenen Sexualstraftäters, darf der Arbeitgeber dem auch bei einem angedrohten Streik nicht einfach nachgeben. Erst wenn keinerlei Mittel zur Schlichtung des Streits zur Verfügung stehen und der Arbeitgeber bei einem Streik erhebliche Nachteile erleidet, kann die verlangte Kündigung auf Druck der Belegschaft zulässig sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag, 28.03.2017, veröffentlichten Urteil (AZ: 2 AZR 431/15).

Der 2. BAG-Senat erklärte damit die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung eines Hafenarbeiters für unwirksam. Der Mann arbeitet seit November 2007 an einem großen Containerterminal in Bremerhaven.

Doch dann wurde er wegen des sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach seiner Haftentlassung lehnten zahlreiche Kollegen des Mannes die Zusammenarbeit mit ihm ab. Zwei vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigungen wurden von den Arbeitsgerichten für unwirksam erklärt.

Als der Hafenarbeiter im Juni und Juli 2013 in dem Betrieb erschien, drohten Mitarbeiter des Containerterminal-Betreibers und Beschäftigte von Drittunternehmen mit Streik, falls der Mann nicht verschwindet und gekündigt wird.

Der Arbeitgeber sprach zwar mit den Beschäftigten, kündigte aber schließlich dem Hafenarbeiter, obwohl dieser keinerlei arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hatte. Das Unternehmen hielt diese sogenannte Druckkündigung für zulässig. Denn komme es dem Druck der Belegschaft nicht nach, drohten erhebliche wirtschaftliche Nachteile.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Bremen hielt die Druckkündigung in seinem Urteil vom 17.06.2015 für wirksam (AZ: 3 Sa 129/14). Wenn der Betriebsfrieden schwer gestört und dieser nicht mehr wiederherzustellen sei, sei die Kündigung zulässig. Der Arbeitgeber habe hier auch nicht Streiks der Kollegen sanktionieren müssen. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem gekündigten Arbeitnehmer und seinen Kollegen sei derart belastet gewesen, dass der Betriebsfrieden auch durch solche Sanktionen nicht habe wiederhergestellt werden können.

Dem folgte das BAG in seinem Urteil vom 15.12.2016 nicht. Der Arbeitgeber müsse sich erst einmal „schützend“ vor dem Betroffenen stellen, forderten die Erfurter Richter. Denn schließlich habe der Hafenarbeiter keinerlei arbeitsvertragliche Pflichten verletzt. Für die Wirksamkeit einer echten Druckkündigung bestünden daher strenge Anforderungen.

Streiks oder Streikdrohungen der Belegschaft, falls dem Mann nicht gekündigt werde, seien rechtswidrig. Ein Arbeitgeber dürfe dem daher nicht einfach nachgeben. Er müsse vielmehr aktiv handeln, um den Druck abzuwehren.

Dazu gehöre, dass der Arbeitgeber die Beschäftigten auf die rechtswidrige Streikdrohung hinweist und selbst mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Entgeltkürzung, Abmahnung oder Kündigung droht. Dies habe hier der Containerterminalbetreiber unterlassen, so dass allein schon deshalb die Druckkündigung unwirksam sei. Ein entsprechendes Handeln des Arbeitgebers könnte die Beschäftigten dazu animieren, ihre Streikdrohung noch einmal zu überdenken.

Hier habe das Unternehmen zudem dem Hafenarbeiter in der Vergangenheit schon zweimal gekündigt. In solch einem Fall würden bei einer Druckkündigung besondere Anforderungen gelten. Denn es müsse der Eindruck entkräftet werden, dass die Druckausübung durch die Beschäftigten dem Arbeitgeber nun „gerade recht“ sei. Auch dies habe der Arbeitgeber nicht entkräftet.

Er habe zudem nicht ausreichend dargelegt, inwiefern er wirtschaftliche Schäden zu erleiden habe. Selbst wenn Mitarbeiter von Drittunternehmen ebenfalls mit Streik gedroht haben, hätte der Arbeitgeber auf deren Vorgesetzte Einfluss nehmen können. Da dies alles unterblieben sei, sei die Kündigung des Mannes unwirksam.

Hat sich ein Mitarbeiter dagegen wiederholt eines gesetzwidrigen Verhaltens schuldig gemacht und sich damit auch arbeitsvertragswidrig verhalten, kann zumindest der Betriebsrat die Kündigung des Arbeitnehmers verlangen, so das BAG in einer am 28. März 2017, verkündeten weiteren Entscheidung (AZ: 2 AZR 551/16). Ist der Antrag zur Kündigung rechtskräftig vom Arbeitsgericht entschieden worden, müsse sich dann der Arbeitgeber auch daran halten. Die Kündigung sei dann wegen eines „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ wirksam.

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