Der Betriebsrat darf für seine Arbeit Einsicht in die nicht anonymisierten Lohn- und Gehaltslisten der im Unternehmen tätigen Mitarbeiter nehmen. Der Verweis des Arbeitgebers auf lediglich anonymisierte Listen ist nicht ausreichend, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 07.05.2019 (AZ: 1 ABR 53/17).

Im konkreten Fall hatte der Betriebsrat einer Klinik einen sogenannten Betriebsausschuss gebildet. Dieser wird bei neun oder mehr Betriebsratsmitgliedern gebildet und nimmt quasi die Geschäftsführung des Betriebsrates wahr.

Nachdem der Klinikbetreiber den mit der Gewerkschaft Verdi vereinbarten Tarifvertrag zum 31.12.2016 gekündigt hatte, verlangte der Betriebsausschuss die Einsichtnahme in die Bruttoentgeltlisten der Arbeitnehmer, mit Ausnahme der leitenden Beschäftigten. Die Listen enthalten die Namen der Arbeitnehmer, deren Dienstart, Angaben zum Grundgehalt sowie zu verschiedenen Zulagen und Bezügen.

Der Arbeitgeber gewährte einigen Betriebsratsmitgliedern jedoch nur Einsicht in eine anonymisierte Fassung der Entgeltlisten.

Der Betriebsrat verlangte, dass der Betriebsausschuss auch die Klarnamen der Arbeitnehmer wissen müsse. Nur so könne festgestellt werden, nach welchen Grundsätzen – insbesondere nach der Tarifvertragskündigung – der Arbeitgeber Sonderzahlungen und Lohnerhöhungen gewähre. Es gehöre zu den Betriebsratsaufgaben, etwaige Benachteiligungen von Arbeitnehmern zu verhindern.

Doch der Arbeitgeber meinte, die anonymisierten Listen seien ausreichend. Die Einsichtnahme in Listen mit Klarnamen würde gegen das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz der Beschäftigten verstoßen.

Das BAG entschied, dass der Betriebsausschuss Einblick in die nicht anonymisierten Bruttoentgeltlisten nehmen darf, mit Ausnahme der leitenden Beschäftigten. Soweit der Arbeitgeber über die entsprechenden Listen verfügt, müsse er auch Einsicht gewähren. Denn nach dem Betriebsverfassungsgesetz gehöre es zu den Aufgaben eines Betriebsrates, darüber zu wachen, „dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge durchgeführt werden“.

Hierfür benötige der Betriebsrat auch die Kenntnis über die effektiv gezahlten Vergütungen. Denn nur so könne er prüfen, ob im Unternehmen ein „Zustand innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit existiert oder nur durch eine andere Lohngestaltung erreicht werden kann“, so das BAG.

So bestehe ein Einsichtsrecht, wenn der Betriebsrat feststellen will, welche Arbeitnehmer Sonderzahlungen erhalten und wie hoch diese sind. Im konkreten Fall habe der Betriebsausschuss zudem prüfen wollen, ob sich infolge der Tarifkündigung die Entlohnungsgrundsätze geändert haben.

Ein Recht auf nur anonymisierte Daten folge auch nicht aus dem zum 06.07.2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz. Danach können einzelne Arbeitnehmer mit Hilfe des Betriebsrats Auskunft darüber verlangen, wie viel andere im Betrieb verdienen. Bei der Beantwortung muss aber der Schutz personenbezogener Daten der Beschäftigten gewahrt werden.

Daraus können jedoch nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass auch der Betriebsausschuss nur Einsicht in anonymisierte Entgeltlisten nehmen kann, betonte das BAG. Denn der anonymisierte individuelle Auskunftsanspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz stehe nur Beschäftigten in Betrieben mit meist mehr als 200 Beschäftigten zu. Der Auskunftsanspruch nach dem Betriebsverfassungsgesetz diene dagegen der „kollektivrechtlichen Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates“.

Die Einsicht hier durch den Betriebsausschuss sei für die Betriebsratsarbeit erforderlich und damit auch datenschutzrechtlich zulässig, so die obersten Arbeitsrichter. Entsprechende Rechte hätten in kleineren Betrieben der Betriebsratsvorsitzende, sein Stellvertreter oder ein anderes vom Betriebsrat beauftragtes Mitglied.

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