Erzieher in einer Caritas-Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung erhalten bei einer „Nachtbereitschaft“ nur 25 Prozent ihrer regelmäßigen Vergütung. Denn bei der Nachtbereitschaft handelt es sich nicht um die in den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas geregelten „Bereitschaftszeiten“, sondern um geringer vergütete „Bereitschaftsdienste“, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in einem am Dienstag, 22.01.2019, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (AZ: 1 Sa 9/18).
Nach den AVR liegen im Sozial- und Erziehungsdienst „Bereitschaftsdienste“ vor, wenn Mitarbeiter sich außerhalb ihrer Arbeitszeit an einem vom Dienstgeber bestimmten Ort aufhalten, um bei Bedarf die Arbeit aufnehmen zu können. Diese werde mit 25 Prozent der regelmäßigen Vergütung honoriert.
Bei „Bereitschaftszeiten“ können Beschäftigte dagegen 50 Prozent ihrer normalen Vergütung beanspruchen. Hier halten sich die Mitarbeiter am Arbeitsplatz oder einer anderen, vom Dienstgeber bestimmten Stelle zur Verfügung, um im Bedarfsfall die Arbeit selbstständig oder auf Anordnung aufnehmen zu können.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte ein Erzieher geklagt, der in einer betreuten Wohngruppe der Caritas arbeitete und „Nachtbereitschaft“ leistete. In der Wohngruppe sind in der Regel acht Kinder und Jugendliche untergebracht. Die „Nachtbereitschaft“ während der Schulzeit dauert von 22 Uhr bis 6 Uhr und während der Ferienzeit von 22 Uhr bis 8 Uhr an.
Diese Arbeit wollte der Kläger als Bereitschaftszeit mit 50 Prozent seiner normalen Entlohnung vergütet haben. Er sei in dieser Zeit umfassend für die Kinder und Jugendlichen verantwortlich. Eine Schlafmöglichkeit bestehe nur theoretisch. Bei Bedarf müsse er selbstständig seine Arbeit aufnehmen.
Der Caritas-Träger wollte die Nachtbereitschaft dagegen nur als Bereitschaftsdienst mit 25 Prozent der regulären Vergütung entlohnen. Der Kläger könne in dieser Zeit auch schlafen.
Das LAG urteilte, dass der Kläger für seine Nachtbereitschaft nur die geringere Vergütung für einen Bereitschaftsdienst verlangen kann. Er dürfe sich ausruhen oder sogar schlafen, so dass ein Bereitschaftsdienst vorliege. Dabei könne durchaus der Arbeitnehmer auch mal selbstständig und ohne Aufforderung des Arbeitgebers aktiv werden: etwa wenn auffällige Vorgänge in der Wohngruppe Anlass geben, nach dem rechten zu schauen.
Eine höher vergütete Bereitschaftszeit setze dagegen eine „wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“ voraus.
Das LAG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt zugelassen.
Eine weitere interessante Entscheidung zu diesem Themenkreis hat das Bundesarbeitsgericht am 25.05.2022 getroffen. Diese Entscheidung finden Sie, wenn Sie diesem Link folgen.
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Guten Tag, können Sie mir sagen, ob es beim Bundesarbeitsgericht verhandelt wurde. Gab es ein Urteil?
Freundliche Grüße
Albert E.
Guten Tag,
ich denke, dass das Urteil rechtskräftig ist, weil keine Revision eingelegt wurde.
Siehe hier: https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=LAG%20Baden-W%FCrttemberg&Datum=21.01.2019&Aktenzeichen=1%20Sa%209/18
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Guten Abend,
Ist im Umkehrschluss das Urteil so zu deuten, dass in Falle der „wachen Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“ eine Vergütung von 50% der derzeitigen Gesetzeslage entspricht, so auch bei Krankheitsfällen der Bewohnerschaft, die zwar eine akustische Beobachtung zur Beurteilung der Situation, jedoch kein direktes Eingreifen vorraussetzen? Gab es eine Definition der „wachen Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“?
Viele Grüße,
Silvia L.
Guten Tag Frau L.,
Ihre 1. Frage ist mit “nein” zu beantworten. Das Urteil befasst sich lediglich mit den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas. Gesetzliche Regelungen zur Lohnhöhe gibt – abgesehen vom Mindestlohn – nicht.
Folgendes gilt es zu unterscheiden:
Rufbereitschaft
Von Rufbereitschaft spricht man, wenn die Beschäftigten ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen können und sich nur für einen eventuellen Einsatz bereithalten müssen. In der Regel wird aber erwartet, dass man jederzeit in überschaubarer Zeit am Einsatzort sein kann, also zum Beispiel im Unternehmen oder beim Kunden. Rufbereitschaft gilt nicht als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Tatsächliche Einsätze in der Rufbereitschaft gelten als Arbeitszeit und sind auf die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit anzurechnen. Dies gilt auch für Telefonate zu Hause am Abend, das Beantworten von Mails im Urlaub etc.
Bereitschaftsdienst
Beschäftigte im Bereitschaftsdienst halten sich in der Regel im Unternehmen oder in unmittelbarer Nähe auf, damit sie die Arbeit bei Bedarf sofort bzw. zumindest zeitnah aufnehmen können. Ein typisches Beispiel sind Feuerwehrangestellte, die auf der Wache die Nacht verbringen, aber dort schlafen können. Bereitschaftsdienst gilt in vollem Umfang als Arbeitszeit und muss daher bei der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit voll berücksichtigt werden.
Die Vergütung des Bereitschaftsdienstes richtet sich nach dem jeweiligen Arbeitsvertrag, beziehungsweise gültigem Tarifvertrag oder Betriebs/Dienstvereinbarung.
Arbeitsbereitschaft
Bei der Arbeitsbereitschaft sind die betreffenden Beschäftigten im Zustand „wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung“ am Arbeitsplatz anwesend. Sie sind jederzeit einsatzbereit. Ein Beispiel könnte eine Beschäftigte in einem Elektrizitätswerk sein, die beim Piepsen eines Überwachungsmonitors sofort aktiv werden muss, über längere Phasen aber keine Aufgaben zu erledigen hat. Arbeitsbereitschaft ist Arbeitszeit und muss im vollen Umfang auf die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit angerechnet werden. Die Vergütung richtet sich auch hier nach dem jeweiligen Arbeitsvertrag, beziehungsweise gültigem Tarifvertrag oder Betriebs/Dienstvereinbarung.
Sie haben in Ihren Fall von einer “akustischen Beobachtung zur Beurteilung der Bewohnerschaft” gesprochen. Hierbei könnte es sich um Arbeitsbereitschaft handeln, wie in dem Beispielsfall mit dem Elektrizitätswerk. Grundsätzlich sind die Zeiten von Arbeitsbereitschaft mit dem vollen Stundensatz zu bezahlen. Wenn der Arbeitgeber für diese Art von Arbeit weniger bezahlen möchte, dann muss dies in einem Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt sein.
Eine Defintion von “wacher Achtsamkeit im Zustand der Entspannung” gibt es nicht. Vielmehr ist dies die Definition von Arbeitsbereitschaft. Da der Arbeitnehmer bei “Arbeitsbereitschaft” eine geringere Belastung hat, kann hier die Bezahlung niedriger angsetzt werden, muss es aber nicht.
Aus meiner täglichen Arbeit weiß ich, dass in manchen Alten- und Pflegeheimen die Bezahlung nicht auf rechtmäßige Weise geschieht, dass also der Arbeitgeber bei der Bezahlung zu “sparen” versucht. Aber das muss man dann jeweils im Einzelfall genau prüfen.
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Ich arbeite in einem Behinderten WH als Dauernachtbereitschaft!! 20 Tage im Monat je 10 Stunden pro Tag das sind 200h die ich auf Arbeit bin! 68h bekomme ich davon bezahlt. Keine Feiertags oder sonntagzuschlaege. Ich fühle mich sehr ausgenutzt. Ist das rechtens so?
Guten Morgen,
ein Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, für Feiertags- und Sonntagsarbeit Zuschläge zu bezahlen. Diese müssten in einem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt sein. Der einzige gesetzliche Zuschlag ist nach § 6 Abs. 5 ArbZG der Zuschlag für Nachtarbeit. Aber Nachtarbeit leisten Sie ja.
Was die Bezahlung angeht, würde ich Ihnen empfehlen, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht vor Ort für eine Beratung aufzusuchen. Man müsste sich bei Ihnen im Detail ansehen, was Ihre Arbeitsaufgabe ist und wie sich Ihre Arbeit rechtlich einordnen lässt (Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft). Danach kann man ein Urteil über die Bezahlung fällen.
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Guten Abend! Ich arbeite in einem stationären 24 H -Mutter-Kind-Setting im AVR-C -Bereich. Von 22.30 bis 6.30 ist Nachtbereitschaft mit Zulage von 25%. Gerade zu Beginn der Maßnahme kommt es gerade nachts immer wieder – manchmal dauerhaft- zu Überforderungssituationen, in denen wir aktiv eingreifen müssen, um das Kindeswohl sicherzustellen. Gerade in der Anfangszeit begleiten wir die Mütter in jeder Situation mit dem Säugling. Bsp: 0:25 Uhr – 1:20 Uhr Mutter 1, 2:37 Uhr – 3:12 Uhr Mutter 2, 4:24 Uhr – 5:12 Uhr Mutter 2,6:30 Uhr offizieller Dienstbeginn. Der Dienstgeber ist hier der Ansicht, dass es eine zu leistende Arbeit innerhalb der Nachtbereitschaft ist, denn laut AVR können die Arbeitnehmer in der Nachtbereitschaft mit der Stufe A drei mal zum Dienst herangezogen werden. Der Bereitschaftszuschlag wäre gleichzusetzen mit 2 Stunden Arbeitszeit. Für uns als Arbeitnehmerinnen eine untragbare Situation. Den Zuschlag zum Bereitschaftsdienst von 25% erkläre ich alleine mit der Tatsache, dass ich NICHT zu Hause bin und mich IN DER EINRICHTUNG aufhalten muss. Werde ich dann im Bereitschaftsdienst zum Dienst herangezogen, sei es auf Bitten der Mutter oder aber auch durch auditives Begleiten anhand der im Bereitschaftszimmer stehenden Babyphone, muss dies doch als Vollarbeitszeit / Nachtarbeit gewertet werden. Leider finde ich in keinem Gesetz oder auch Kommentar eine aussagekräftige Richtlinie hierzu.
Haben Sie hier einen guten Tipp oder Ratschlag für mich? Die AVR ist auch in diesem Bereich sehr schwammig und alles andere als klar. Vielen Danke
Richtig, die Zuschläge für Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften decken nur die Zeit ab, in der nicht gearbeitet werden muss. Erfolgt aber eine Heranziehung zum Dienst, dann ist diese Zeit auch als normale Arbeitszeit zu bezahlen.
Können Sie mir sagen, wo dies explizit geschrieben steht ? Ich kann in keiner Definition, keinem Kommentar oder Gesetz finden, wie mit der Arbeitsaufnahme innerhalb der Bereitschaftsdienste verfahren wird.
Guten Morgen,
wie bereits geschrieben: die Pauschalen für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft decken nur die Bereitschaft ab, mehr nicht. Wenn also in der Bereitschaftszeit nichts zu tun ist, muss der Arbeitgeber auch nur die Pauschalen bezahlen.
Wenn jemand während der Bereitschaft seine “normale” Arbeitsleistung erbringt, ist dafür die vertragliche Vergütung geschuldet. Im TVÖD ist dies z. B. in § 8 Abs. 3 geregelt:
Für die Rufbereitschaft wird eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe bezahlt. Sie beträgt für die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das Vierfache des tariflichen Stundenentgelts nach Maßgabe der Entgelttabelle. Maßgebend für die Bemessung der Pauschale nach Satz 2 ist der Tag, an dem die Rufbereitschaft beginnt. Für die Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten wird jede angefangene Stunde auf eine volle Stunde gerundet und mit dem Entgelt für Überstunden sowie etwaiger Zeitzuschläge nach Absatz 1 bezahlt.
Nach dem Urteil des EuGH ist bei angeordneter Rufbereitschaft die Zeit, die für die tatsächliche Erbringung von Leistungen aufgewandt wird, als Arbeitszeit anzusehen.
(EuGH vom 03.10.2000, Az.: Rs. C-303/98)
Guten Tag (ich bin ein anderer Nutzer, als der Erste oben),
heißt das, dass “Nachtbereitschaft” im stationären Bereich tatsächlich zur “Rufbereitschaft” wird, sobald tatsächliche Arbeit anfällt und dadurch diese Regelung in Kraft tritt? – Ich darf mir nämlich auch keine tatsächliche Arbeitszeit aufschreiben, da die “Nachtbereitschaft” die tatsächlich geleistete Arbeit beinhalten soll. Sollte ich eine Nacht mehr als 50% arbeiten, dann darf ich mir die entsprechenden Stunden aufschreiben.
Diese Regelung, die Sie ja schrieben, fängt ja mit “Für die Rufbereitschaft […]” an, nicht mit “Nachtbereitschaft”, deswegen meine Verwirrtheit.
LG
Hallo,
wie gesagt, man muss unterscheiden, was genau vorliegt:
Arbeitsbereitschaft:
Bei der Arbeitsbereitschaft sind die betreffenden Beschäftigten im Zustand „wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung“ am Arbeitsplatz anwesend. Sie sind jederzeit einsatzbereit. Ein Beispiel könnte eine Beschäftigte in einem Elektrizitätswerk sein, die beim Piepsen eines Überwachungsmonitors sofort aktiv werden muss, über längere Phasen aber keine Aufgaben zu erledigen hat. Arbeitsbereitschaft ist Arbeitszeit und muss im vollen Umfang auf die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit angerechnet werden. Die Vergütung richtet sich auch hier nach dem jeweiligen Arbeitsvertrag, beziehungsweise gültigem Tarifvertrag oder Betriebs/Dienstvereinbarung.
Bereitschaftsdienst
Beschäftigte im Bereitschaftsdienst halten sich in der Regel im Unternehmen oder in unmittelbarer Nähe auf, damit sie die Arbeit bei Bedarf sofort bzw. zumindest zeitnah aufnehmen können. Ein typisches Beispiel sind Feuerwehrangestellte, die auf der Wache die Nacht verbringen, aber dort schlafen können oder auch ein Arzt, der sich im Bereitschaftsdienstzimmer in der Klinik aufhält. Bereitschaftsdienst gilt in vollem Umfang als Arbeitszeit und muss daher bei der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit voll berücksichtigt werden.
Die Vergütung des Bereitschaftsdienstes richtet sich nach dem jeweiligen Arbeitsvertrag, beziehungsweise gültigem Tarifvertrag oder Betriebs/Dienstvereinbarung.
Rufbereitschaft
Von Rufbereitschaft spricht man, wenn die Beschäftigten ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen können und sich nur für einen eventuellen Einsatz bereithalten müssen. In der Regel wird aber erwartet, dass man jederzeit in überschaubarer Zeit am Einsatzort sein kann, also zum Beispiel im Unternehmen oder beim Kunden. Rufbereitschaft gilt nicht als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Tatsächliche Einsätze in der Rufbereitschaft gelten als Arbeitszeit und sind auf die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit anzurechnen. Dies gilt auch für Telefonate zu Hause am Abend, das Beantworten von Mails im Urlaub etc.
Die Frage ist jetzt aber, was bedeutet in Ihrem konkreten Fall nun “Nachtbereitschaft”.
Es ist bestimmt keine Rufbereitschaft. Denn bei Rufbereitschaft sitzt die Arbeitnehmerin meist zuhause, weil sie den Ort selbst wählen darf. Sie muss aber in einer gewissen Zeitspanne, z. B. 20 Minuten vor Ort sein.
Damit ist “Nachbereitschaft” entweder Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst. Die Pauschalen für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sollen im Allgemeinen nur die Zeit abdecken, in denen keine Arbeit anfällt. Wenn es nötig wird, doch richtig zu arbeiten, dann handelt es sich um Arbeit, die auch normal zu bezahlen ist. Allerdings lohnt sich ein Blick in den anwendbaren Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag.
Nur weil der Arbeitgeber vorgibt, dass man sich nichts aufschreiben darf und dies allgemein so akzeptiert wird, heißt das nicht, dass es auch rechtmäßig ist. Dies müsste man sich von Fall zu Fall im Detail anschauen.
Aber ich kenne so einige Arbeitgeber, die hier zu wenig bezahlen.
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Guten Tag, ich arbeite auch in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung mit Nachtbereitschaften. Das mit der Vergütung 25% verstehe ich. Wie sieht es aber mit der Stundenanrechnung auf die Wochenarbeitszeit aus? Also für eine NB bekomme ich 25% vergütet und auch nur 25% ( also 2-2,75 Stunden) als Zeit ( für die 40 Stunden Woche) angerechnet?
Guten Tag,
wäre interessant zu wissen, was zu dieser Thematik im Arbeitsvertrag geregelt ist, denn m. E. sind die “normale” Arbeitsstunden nicht mit Stunden einer NB zu verrechnen, weil es sich um zwei verschiedene Dinge handelt, die ansonsten miteinander vermischt würden. Es müsste sich aus dem Arbeitsvertrag entnehmen lassen, wie viele “normale” Stunden eine Mitarbeiterin ableisten muss (mit der regulären Bezahlung) und wie viele NB darüber hinaus mit welcher abweichenden Vergütung zu erbringen sind.
Wenn der Arbeitsvertrag eine 40-h-Tätigkeit zu einer Vergütung von 20 EUR/h und 5 NB im Monat zu je 8 h vorsieht, könnte die Rechnung auf dem Stunden-/Gehaltszettel wie folgt aussehen (unterstellt, dass während der NB keine “normale” Arbeitsleistung erbracht wurde, weil dies nicht nötig wurde):
21 Arbeitstage je 8 h = 168 h je 20 EUR/h = 3.360 EUR
5 NB je 8 h = 40 h zu 25% von 20 EUR/h = 200 EUR
Summe: 3.560 EUR
Die 40 h NB in meinem Fall, bleiben 40 h, auch wenn sie im Ergebnis vergütungstechnisch nur 25% der Normalvergütung bringen. Aber eine zeitliche Anrechnung der 40 h NB auf die normale Arbeitszeit findet m. E. nicht statt, weil es sich um zwei verschiedene Arbeitszeit-Formen handelt, die unterschiedlich vergütet werden.
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Hallo,
ich arbeite in NRW in einer Wohngruppe (Tarif TVöD Sue). Wir haben 24,5h Dienste und sind von 12.00 Uhr bis 12.30 Uhr des Folgetages in der Gruppe. Zwischen 23.00 Uhr und 05.00 Uhr haben wir Nachtbereitschaft. Wir haben ein eigenes Zimmer mit der Möglichkeit zu schlafen.
Für die 6h Nachtbereitsschaft bekommen wir pro Stunde 15min Arbeitszeit angerechnet, mithin 1,5h pro Nacht. Die Nachtbereitsschaften werden dabei geringer vergütet. Bei einem kompletten Dienst bekomme ich also nicht 24,5h Arbeitszeit, sondern nur 11h+7,5h+1,5h=20h.
Ich bin aber davon ausgegangen, dass die Nachtbereitschaft = 100% Arbeitszeit ist. Zudem besgt § 9 TVöD, dass Bereitschaftszeiten zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet werden.
Wie passt das zusammen?
Viele Grüße.
Also wegen § 9 TVÖD wurde ich mal beim Arbeitgeber nachhaken und um Aufklärung bitten. Zeiten einer Bereitschaft werden beim ArbZG zu 100% berücksichtigt. Aber das ArbZG kümmert sich nicht um die Bezahlung, sondern um den Gesundheitsschutz. Die Bezahlung von Bereitschaft richtet sich nach dem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag.
Vielen Dank für die Informationen.
Das die Nachtbereitschaft geringer vergütet werden steht auch nicht zur Debatte.
Mich irritiert nun, was gilt? Die 50% laut TVöD oder die Anrechnung der Nachtbereitschaft zu 100% als Arbeitszeit. Da hebelt dann ja eins das andere aus. Oder verstehe ich das alles falsch.
Durch eine entsprechende Betriebsvereinbarung haben wir die Möglichkeit, auch mehr als 48h pro Woche zu arbeiten.
Normalerweise gilt Bereitschaft beim ArbZG zu 100% als Arbeitszeit.
Die Regelung in § 9 TVÖD, wonach Bereitschaft nur zu 50% als Arbeitszeit gewertet ist, ist eine Ausnahmevorschrift zum ArbZG. Dies hat für den Arbeitgeber im TVÖD den Vorteil, dass bei Nachtbereitschaft nicht so schnell die 48h-Grenze erreicht wird.
Hallo,
wenn ich das so lese frage ich mich, wie es dann sein kann, dass ich für meine 24h Dienste (von 12 bis 12, stationäre Ki- u. Jugendhilfe) lediglich bis 20 Uhr bezahlt werde und dann damit abgespeist werde, dass es heißt die Nachtbereitschaft geht dann von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens, wovon ich 2h angerechnet bekomme, also die Zeit bis 22 Uhr. Ich bleibe also 8h unbezahlt auf der Arbeit und versuche zu schlafen, während die Kids natürlich immer wieder Mal auch in der Nacht meine Aufmerksamkeit einfordern…Hinzu kommt, dass in den Ferien bis 22 Uhr aktive Arbeitszeit ist und dann sogar versucht wird die Arbeitszeit morgens erst ab 8 Uhr anzurechnen. Dann habe ich ganze 10h, die ich unbezahlt dort verbringen…
Der soziale Bereich hat z.T. mit die unsozialsten Arbeitsbedingungen.
Grüße
Guten Tag,
man muss sich natürlich immer den jeweiligen Einzelfall ansehen. Was wurde vertraglich geregelt? Gelten besondere AVRs oder ein Tarifvertrag? Wird der Tarifvertrag beachtet?
Auf der anderen Seite ist es so, dass die Rechtsordnung nicht vorsieht, dass jemand unbezahlt arbeitet. Klar, für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienste gibt es vielleicht nur gewisse Pauschalen, aber diese müssen dann aber auch bezahlt werden. Wenn ich während dieser speziellen Dienste zeitweise “richtig” arbeite, muss auch das “normal” bezahlt werden.
Leider ist es meine Erfahrung, dass bei Sozialunternehmen die Vorschriften oft nicht beachtet werden, ganz einfach deshalb, weil man das Geld dafür nicht oder nicht ausgeben möchte. Dann soll es lieber auf den Rücken der Beschäftigten gehen.
Traurig…
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Sehr geehrter Herr Blaufelder..muss ich den Mindestlohn zahlen bei einer Nachtwache die von 22 Uhr bis 6 Uhr schläft?
Viele Grüße
Guten Morgen,
die Frage finde ich etwas kurios. Wer schläft, erbringt keinerlei Arbeitsleistung und hat daher keinen Anspruch auf Vergütung. Wer während der Arbeitszeit schläft, könnte sogar abgemahnt und gekündigt werden. Aber so war die Frage wohl nicht gemeint.
Vielmehr stellt sich für mich die Frage, welche konkrete arbeitsvertragliche Verpflichtung soll der Arbeitnehmer in der genannten Zeit wo übernehmen und stellt das dann
– Normalarbeit
– Arbeitsbereitschaft
– Bereitschaftsdienst
– Rufbereitschaft
dar.
Wenn das feststeht, kann man die Sache näher beurteilen.
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Hallo ;
ich arbeite ebenfalls in der stationären Jugendhilfe und habe ebenfalls diese Nachtbereitschaften. Bei uns sind die aber mit Spät-und Frühdienst gekoppelt, so dass man faktisch 24 Stunden vom Wohnort weg ist. Bisher wurden die Nächte mit 25 % vergütet, was für mich in Ordnung war. Doch nun streicht mein Arbeitgeber die 25% Bezahlung und soll stattdessen mit Freizeit im Folgemonat vergütet werden. Im Durchschnitt arbeitetet eine Vollzeitkraft bei uns 6 Nächte pro Monat. Wissen Sie seit wann diese Änderung besteht ? Ich werde nach AVR DD vergütet, da ich in einer evangelischen Einrichtung arbeite.
Vielen Dank
Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Regelungen des AVR DD, die ich im INternet gefunden habe, aktuell sind. Ich empfehle Ihnen, auf den Arbeitgeber zuzugehen und ihn zu bitten, genau zu erklären, woraus sich konkret die Änderung ergibt. Vielleicht gibt es auch eine gewählte MAV, die darüber Bescheid weiß. Einfach so hinnehmen, würde ich dies nicht.
Hallo zusammen,
Ich arbeite in bayern auf einer heilpäd. Jugendwohngruppe ebenso mit genannten Nachtbereitschaften. Im selben gebäudekomplex befinden sich weitere 5 internatsgruppen mit insgesamt 50 Jugendlichen. Für wie viele Teilnehmer darf eine nachtbereitschaft maximal zuständig/verantwortlich sein? Bzw. Aber welcher Anzahl von Jugendlichen werden weitere zusatznachtbereitschaften benötigt?
Vielen Dank,
Guten Morgen,
ich selbst kann diese wichtige Frage nicht beantworten. Eventuell gibt es hierzu spezielle gesetzliche Regelungen, die eine Art Betreuungsschlüssel darstellen. Dies weiß eventuell die zuständige Aufsichtsbehörde.
Von meiner Erfahrung her ist es häufig so, dass Arbeitgeber mangels genügender Anzahl von Fachkräften dem Arbeitnehmern eher zu viele Personen zur Betreuung zuweisen.
Viele Grüße
Thorsten Blaufelder
Guten Tag, laut Urteil in diesem Fall wird die Nachtbereitschaft nur mit 25% des Arbeitslohns vergütet. Ich gehe dann davon aus, dass die Bezahlung dann deutlich unter dem Mindestlohn liegt. Meine Frage ist nun, gilt für solche Nachtbereitschaft nicht der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn?
Mit freundlichen Grüßen
Guten Tag,
Ich arbeite in einer Tierklinik, wo gerade heiß diskutiert wird was die Nachtarbeit betrifft. Derzeit ist es so, dass wir TFA’s und Pferdewirte, die die Nachtschicht arbeiten, diese nur zu 50% vergütet sowie als Stunden angerechnet bekommen. Nachtschicht geht bei uns von 20::00-08:00. Wer Nachtdienst hat, muss zur Zeit auch den Spätdienst mit machen, sprich nochmal 6 Stunden, also insgesamt 18 Stunden Arbeitszeit. Wir dürfen im Nachtdienst in einem dafür bereitgestellten Zimmer Schlafen, müssen aber Vorort sein um unter anderem auch, wenn vorhanden, Intensivpatienten auf der Station zu versorgen oder Notfälle anzunehmen. Ist dies dann also als Bereitschaftsdienst zu werten? Und wie müsste die Vergütung bzw Anrechnung der Stunden aussehen? Sind die 18 Stunden auch als solche anrechenbar und legal?
Mfg
Guten Tag,
die 12 h Nachtdienst sind als Bereitschaftsdienst zu bewerten. Zeiten eines Bereitschaftsdienstes sind als Arbeitszeit gemäß Arbeitszeitgesetz zur “normalen” Arbeitszeit hinzu zu addieren. Damit kommt man zu einer Gesamtarbeitszeit nach ArbZG von 18 h, was ich für bedenklich halte. § 7 ArbZG lässt zwar durch Tarifvertrag Ausnahmen zu. Ob aber eine Ausnahmevorschrift greift, möge der Arbeitgeber begründen, der für die Einhaltung des ArbZG verantwortlich ist.
Vom Arbeitszeitbegriff des ArbZG zu unterscheiden ist der Arbeitszeitbegriff im Sinne der Vergütung. Wenn während der Zeitspanne von Bereitschaft tatsächlich gearbeitet wird, muss dies als Vollarbeit vergütet werden. Im Übrigen darf Bereitschaftdienst geringer bezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer ruht oder schläft, weil er dann eben keine Vollarbeit leistet.
Viele Grüße