Falschparker müssen keine privaten Hilfspolizisten fürchten. Bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs im öffentlichen Straßenraum handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe, für die die Kommunen keine Leiharbeitnehmer von privaten Firmen einsetzen dürfen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Montag, 20.01.2020, veröffentlichten Beschluss (AZ: 2 Ss-Owi 963/18). Die Frankfurter Richter stoppten damit die bisher übliche Praxis mehrerer hessischer Kommunen, Leiharbeitnehmer als „Politessen“ einzusetzen.

Im konkreten Fall wurde dem Kläger ein Verwarngeld von 15,00 € wegen Falschparkens in Frankfurt am Main aufgebrummt. Der Parkverstoß wurde von einem von der Stadt eingesetzten „Stadtpolizisten“ festgestellt. Die Kommune hatte den Mann als Leiharbeitnehmer von einer privaten Leiharbeitsfirma ausgeliehen. Seine Verkehrsüberwachungstätigkeit übte er in Uniform aus.

Der Kläger rügte, dass der Einsatz privater Dienstleister zur Überwachung des ruhenden Verkehrs gesetzeswidrig sei. Ordnungswidrigkeiten dürfe allein der Staat – hier die Polizei – ahnden, nicht aber Privatpersonen.

Dem folgte auch das OLG in seinem Beschluss vom 03.01.2020. Hier habe das Hessische Innenministerium auf Nachfrage mitgeteilt, dass zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs in Frankfurt Leiharbeitnehmer einer privaten Firma eingesetzt würden. Diese seien „physisch-räumlich“ und organisatorisch in die Gemeindeverwaltung integriert und durch das Regierungspräsidium Darmstadt zu Hilfspolizeibeamtinnen und -beamten bestellt. Allein 2018 wurden in Frankfurt von Leihkräften über 700.000 Parkverstöße festgestellt und Verwarngelder von über zehn Millionen Euro verhängt.

Die Überwachung des ruhenden Verkehrs und der Ahndung von Parkverstößen sei aber eine hoheitliche Aufgabe, die mangels gesetzlicher Grundlage nicht von privaten Dienstleistern durchgeführt werden dürfe, so das OLG. Es verwies dabei auch auf das Grundgesetz, wonach die Ausübung hoheitlicher Befugnisse grundsätzlich Angehörigen des öffentlichen Dienstes übertragen werden, „die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen“.

Ein von der Kommune beschäftigter Leiharbeitnehmer eines privaten Dienstleisters sei aber keine „Bediensteter“ der Stadt und dürfe daher nicht als „Stadtpolizist“ tätig werden. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz diene dazu, den Missbrauch von Arbeitnehmerüberlassung im privatwirtschaftlichen Bereich einzudämmen. Daher könne auch nur ein Wirtschaftsunternehmen und nicht der Staat kurzfristig auftretende Tätigkeitsspitzen mit dem Einsatz von Leiharbeitern ausgleichen.

Die einzelnen Bundesländer dürften mit ihrem Polizeirecht auch nicht „eine verfassungsrechtlich verankerte und in Bundesgesetzen geregelte Kompetenz-, Regelungs- und Sanktionierungszuweisung“ umgehen oder außer Kraft setzen. Hier hätten die Leiharbeitnehmer „im strafbewehrten Gewand einer Polizeiuniform“ den Bürgern „den Eindruck polizeilicher Handlungen“ vermittelt. Tatsächlich seien diese aber durch einen privaten Dienstleister – der Leiharbeitsfirma – durchgeführt worden, die sich durch Verwarngelder finanziere, deren zu Grunde liegenden Verstöße sie selbst erhebe.

Bereits am 12.11.2019 hatte das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass private Dienstleister in den Kommunen keine Geschwindigkeitsmessungen durchführen dürfen (AZ: 2 Ss-OWi 942/19). Auch diese Tätigkeit sei eine hoheitliche Aufgabe, die nur von Bediensteten der Ordnungsbehörden durchgeführt werden könne.

 

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