Einem Arbeitnehmer, der einen Vorgesetzten nach einer Beleidigung lautstark in die Schranken weist, darf nicht gekündigt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln mit Urteil vom 30. 12.2010 entschieden (AZ: 5 Sa 825/10).
Der Entscheidung lag die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers zugrunde, der dem Junior-Geschäftsführer seines Arbeitgebers im Rahmen eines lautstarken Streits in Anwesenheit von Kollegen dessen Grenzen aufgezeigt hatte. „Pass auf, was du sagst, Junge!“, soll der Kläger gesagt haben.
Hintergrund des Streits war, dass der Arbeitgeber gepfändeten Lohn zwar über längere Zeit einbehalten, diesen jedoch nicht an die Pfändungsgläubiger abgeführt hatte.
Als der Kläger davon erfuhr, rief seine Ehefrau die Steuerberaterin seines Arbeitgebers an, um die Sache aufzuklären. Diese beschwerte sich daraufhin bei dem Junior-Geschäftsführer, der wiederum den Kläger zur Rede stellte, um dessen Frau davon abzuhalten, erneut die Steuerberaterin anzurufen.
Der Junior-Geschäftsführer bezeichnete das Verhalten der Frau des Klägers als „asihaft“ und sie selbst als “asozial”. Der Kläger wehrte sich gegen diese Äußerungen lautstark mit den Worten „Pass auf, was du sagst, Junge!“
Mit dem Argument, dass es sich ein Chef nicht bieten lassen müsse, von einem Mitarbeiter angeschrien zu werden, kündigte der Arbeitgeber dem Kläger fristlos, ersatzweise fristgerecht.
Das LAG Köln erklärte die fristlose Kündigung des Klägers für rechtsunwirksam.
Nach Ansicht der Richter musste der Kläger weder eine Beleidigung seiner Ehefrau durch den Geschäftsführer noch die möglicherweise Weiterverbreitung einer von einer anderen Person aufgestellten Beleidigung widerspruchslos hinnehmen.
Es kann daher nicht beanstandet werden, dass er durch seine lautstarke Äußerung unmissverständlich deutlich gemacht hat, dass er weitere Beleidigungen nicht akzeptieren werde. Denn selbst wenn der Geschäftsführer lediglich die Steuerberaterin zitiert haben sollte, so hat er sich der Mittäterschaft beziehungsweise der Beihilfe zu einer Beleidigung schuldig gemacht, so das Gericht.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass sich der Arbeitgeber des Klägers im Vorfeld des Streits offenkundig rechtswidrig verhalten hat, indem er den gepfändeten Lohn über Monate hinweg nicht an die Pfändungsgläubiger weitergeleitet hat. Dieses Verhalten war jedoch Auslöser für den Anruf der Ehefrau des Klägers bei der Steuerberaterin. Sie deswegen als asozial zu bezeichnen, hielt das Gericht für inakzeptabel.
Der Arbeitgeber kann sich nach Ansicht der Kölner Richter auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kläger durch sein Verhalten die Autorität des Geschäftsführers angezweifelt oder abgewertet hat.
Das Urteil ist über diesen Link im Volltext abrufbar.
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