Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat mit neuer Rechtsprechung die Aufrechnung von Sozialleistungen mit Rückforderungen anderer Sozialträger oder Behörden erleichtert. So kann die Rentenversicherung die Aufrechnung per Verwaltungsakt erklären und die Rente entsprechend kürzen, heißt es in einem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss des Großen BSG-Senats (AZ: GS 2/10). Als Folge müssen betroffene Bürger schneller entscheiden, ob sie die Aufrechnung hinnehmen wollen, weil ein Verwaltungsakt nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist bindend wird.

Der Kläger bezieht seit Oktober 2003 eine Altersrente. Gleichzeitig hatte er noch hohe Schulden bei der Bundesagentur für Arbeit, die überzahlte Leistungen in Höhe von insgesamt 53.000,00 € zurückforderte. 2005 bat die Bundesagentur den Rententräger um Unterstützung. Der behielt fortan monatlich 436,00 € von der Rente ein. Gegen den Rentner erließ er einen entsprechenden Bescheid. Das einbehaltene Geld werde künftig „bis zur Tilgung der Forderung“ an die Bundesagentur abgeführt.

Wie beispielsweise auch ein Steuerbescheid ist ein solcher Bescheid rechtlich ein Verwaltungsakt. Die Anwälte des Rentners machten nun geltend, nach einem früheren Urteil des 4. BSG-Senats dürfe der Rententräger die Aufrechnung nicht per Verwaltungsakt erklären.

Der Große BSG-Senat, dem Vertreter aller Senate angehören, rückte mit seinem Beschluss vom 31.08.2011 davon nun ab. Das Gesetz lasse es zu, dass Sozialträger eine solche Aufrechnung per Verwaltungsakt erklären. Das gelte allerdings nur für „öffentlich-rechtliche Forderungen“. Neben Forderungen der Sozialträger sind das beispielsweise auch Steuern oder Rundfunkgebühren, nicht dagegen private Schulden.

Entscheidender Unterschied für Betroffene ist die Bindungswirkung des Verwaltungsakts nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist. Dies soll für beide Seiten rechtliche Sicherheit bringen. Würde die Aufrechnung dagegen nur mit einer einfachen „Willenserklärung“ erklärt, könnten Betroffene auch später noch problemlos dagegen vorgehen.

Weitere Urteile aus dem Bereich Sozialrecht finden Sie hier.

Bildnachweis: © runzelkorn – Fotolia.com