Arbeitgeber dürfen einem Beschäftigten nicht einfach deshalb kündigen, weil andere Kollegen ihrerseits mit einer Kündigung drohen. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einem am Dienstag, 24.04.2012, bekanntgegebenen Urteil klargestellt (AZ: 2 Sa 331/11). Nur im Ausnahmefall und je nachdem, was im Betrieb vorgefallen ist, kann der Arbeitgeber wegen einer solchen Drucksituation einen Beschäftigten entlassen, so die Kieler Richter.

Fordern Kollegen, dass der Chef einen Mitarbeiter entlassen soll und drohen, dass andernfalls sie selbst das Unternehmen verlassen würden, muss sich normalerweise der Arbeitgeber schützend vor den betroffenen Mitarbeiter stellen. Schließlich ist er ja an den bestehenden Arbeitsvertrag gebunden.

Berufe sich der Arbeitgeber bei einer Kündigung eines Beschäftigten auf eine Drucksituation, müsse er daher darlegen, welche konkreten Maßnahmen er ergriffen hat, um die Situation wieder zu verbessern, urteilte hierzu nun das LAG. Der Hinweis auf allgemeine Gespräche reiche nicht aus.

Im entschiedenen Fall hatte ein Vertriebsingenieur gegen seine Kündigung geklagt. Der Mann war wegen eines Freizeitunfalls im Jahr 2009 mehrere Monate erkrankt. Nach seiner Genesung musste der Betrieb im November 2009 „Kurzarbeit Null“ anmelden, so dass er gar nicht mehr arbeitete und Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur für Arbeit erhielt.

Die Arbeitgeberin bot ihm daraufhin erfolglos einen Aufhebungsvertrag und eine Abfindung an. Als Anfang 2011 zwei eng mit dem Kläger zusammenarbeitende Kollegen drohten, dass bei einer Weiterbeschäftigung des Mannes sie selbst kündigen würden, reagierte die Arbeitgeberin. Wegen dieser Drucksituation kündigte sie dem Kläger.

Das LAG hielt diese Begründung in seinem Urteil vom 20.03.2012 nicht für ausreichend. Die Arbeitgeberin habe keine genügenden Maßnahmen getroffen, um diese Drucksituation zu entschärfen. Den Antrag des Unternehmens, das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindungszahlung aufzulösen, gab das LAG im konkreten Fall jedoch statt.

Denn der Kündigung waren zahlreiche Streitigkeiten vorausgegangen. So hatte der Kläger gegenüber der Bundesagentur für Arbeit 2009 geäußert, dass er mit Kurzarbeit bestraft werde, weil er sich nicht auf das Abfindungsangebot und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eingelassen hatte. Die Arbeitgeberin nutze die Kurzarbeitsleistungen als Zusatzgeschäft. Auch während des Kündigungsschutzverfahrens teilte der Kläger der Behörde ein weiteres Mal mit, dass seine Chefin gezielt Kurzarbeiterleistungen missbrauche.

Vor diesem Hintergrund entschieden die Kieler Richter, dass eine „gedeihliche weitere Zusammenarbeit“ nicht zu erwarten sei, wenn der Beschäftigte seinen Arbeitgeber bei der Bundesagentur anzeige.

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