Der Anspruch auf finanzielle Abgeltung noch offener Urlaubstage verfällt nicht mehr automatisch zum Jahresende. Mit einem am Dienstag, 19.06.2012, verkündeten Grundsatzurteil gab das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt seine bislang gegenteilige Rechtsprechung auf (AZ: 9 AZR 652/10).

Danach galt die finanzielle Abgeltung bislang als reiner Ersatz (Surrogat) für den Urlaub selbst. Daher griffen auch für die Abgeltung die Verfallsfristen des Bundesurlaubsgesetzes. Entsprechend war ein mittlerer „Operating-Manager“ vor dem Arbeitsgericht Berlin und dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gescheitert. Im Anschluss an einen Kündigungsstreit hatte er sich mit seinem Arbeitgeber auf ein Auslaufen des Arbeitsverhältnisses Ende Juli 2008 geeinigt. Erst im Januar 2009 verlangte er eine finanzielle Abgeltung für noch 16 offene Urlaubstage.

Vor dem BAG hatte seine Klage nun Erfolg. Dabei gaben die Erfurter Richter die bisherige sogenannte Surrogatstheorie auf. Der Abgeltungsanspruch unterfalle als „reiner Geldanspruch“ nicht mehr den Fristen des Bundesurlaubsgesetzes.

Von Arbeitsrechtlern war dies erwartet worden. Grund ist die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg, wonach krankheitsbedingt nicht genommener Urlaub und gegebenenfalls auch dessen finanzielle Abgeltung nicht schon Ende März des Folgejahres verfallen dürfen (erstmals Urteil vom 20.01.2009, AZ: C-350/06). Das BAG hatte sich dem am 24.03.2009 angeschlossen (AZ: 9 AZR 983/07). Es gebe aber keine sachlichen Gründe, warum dann für gesunde Arbeitnehmer anderes gelten soll, erklärte das BAG nun zur Begründung seines neuen Urteils.

Für die Urlaubsabgeltung als „Geldanspruch“ gelten aber gegebenenfalls arbeitsvertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen. Diese betragen in der Regel drei bis sechs Monate ab Ende des Arbeitsverhältnisses. Ist vertraglich nichts geregelt, greift die gesetzliche Verjährung von drei Kalenderjahren ab Ende des Arbeitsverhältnisses.

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