Wenn die Rentenversicherung eine gesundheitsbedingte Umschulung zu Unrecht abgelehnt hat, muss sie die Kosten einer geeigneten selbst begonnenen Maßnahme erstatten. Sie kann dann nicht mehr darauf bestehen, selbst die beste Maßnahme auszuwählen, heißt es in einem am Samstag, 20.09.2014, veröffentlichten Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart (AZ: L 11 R 2652/13).
Arbeitnehmer, die ihren Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fortführen können, haben Anspruch auf Unterstützung bei der Umschulung in einen geeigneten neuen Beruf. Träger dieser „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ ist meist die Rentenversicherung, teilweise aber auch die Bundesagentur für Arbeit oder andere Träger.
Im Streitfall konnte ein Industriemechaniker wegen Wirbelsäulenbeschwerden seine Arbeit nicht mehr ausüben und war über anderthalb Jahre krank. Er wollte in den sozialen Bereich wechseln. Die Rentenversicherung lehnte dies allerdings ab, weil nach dem Abschlussgutachten einer Arbeitserprobung hierfür die erforderliche psychische Belastbarkeit fehle. Stattdessen schlug die Rentenversicherung kaufmännische Berufe vor, die der Industriemechaniker aber nicht erlernen wollte.
Gut neun Monate später begann der Mann auf eigene Kosten eine Weiterbildung zum Arbeitserzieher. Arbeitserzieher unterstützen Menschen beim Einstieg ins Arbeitsleben, die aus sozialen oder gesundheitlichen Gründen solche Hilfe benötigen. Von der Rentenversicherung verlangte er danach die Erstattung der Schulungskosten und der Prüfungsgebühr von zusammen 6.540,00 €. Die Rentenkasse lehnte dies ab.
Wie nun das LSG entschied, muss die Rentenversicherung die Kosten übernehmen. Der Mann sei für die Tätigkeit als Arbeitserzieher geeignet. Frühere psychische Probleme seien nach einem neueren Gutachten längst überwunden.
Zwar komme den Sozialkassen ein „Auswahlermessen“ zu, welche Umschulung sie für besonders geeignet halten. Angesichts der freien Berufswahl müssten sie hierbei aber auch die Wünsche der Betroffenen berücksichtigen.
Hier habe die Rentenversicherung den Wunsch mit einer unzutreffenden Begründung abgelehnt. Auf ihr „Auswahlermessen“ könne sie sich daher nicht mehr berufen. Daher müsse sie die Schulungskosten übernehmen, entschied das LSG Stuttgart in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 22.07.2014.
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