Krankenhausbetreiber dürfen die Dienstpläne für das Pflegepersonal nicht am Betriebsrat vorbei anordnen. Dies verletzt das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertretung, so dass diese einen Unterlassungsanspruch geltend machen kann, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 12.07.2019 (AZ: 2 TaBV 908/19). Stimme der Betriebsrat den Dienstplänen nicht zu, könne der Arbeitgeber nur die Errichtung einer Einigungsstelle verlangen, die dann darüber entscheidet.

Konkret ging es um ein Berliner landeseigenes Klinikunternehmen mit mehreren großen Krankenhäusern. In dem Unternehmen besteht ein 71-köpfiger Betriebsrat. Dieser hat zudem einzelne Betriebsausschüsse gebildet, die auf die Einhaltung der Mitbestimmungsrechte achten.

Bis zum 31.07.2016 galt eine vom Arbeitgeber gekündigte „Betriebsvereinbarung Arbeitszeit“. Infolge dessen befürchtete der Betriebsrat Einsparungen beim Personal. Regelungen zum Verfahren der Dienstplangestaltung gibt es derzeit nicht. Prompt wurde über die Dienstplanerstellung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gestritten.

Der Klinikbetreiber, der monatlich über 570 Dienstpläne erstellt, hatte den im Streit stehenden, erstmalig erstellten Dienstplan für das Pflegepersonal einer Endoskopie-Abteilung dem Betriebsrat zur Zustimmung zwar vorgelegt. Als dieser den Plan jedoch zweimal ablehnte, ordnete der Arbeitgeber die darin vorgesehenen Arbeitszeiten einfach an. Die Einrichtung einer Einigungsstelle, die in solchen Fällen die Entscheidung des Betriebsrates ersetzen kann, hatte der Arbeitgeber nicht verlangt.

Dies verletze sein im Betriebsverfassungsgesetz verankertes Mitbestimmungsrecht, so der Betriebsrat. Er müsse dem erstmalig erstellten Dienstplan zustimmen und dürfe nicht übergangen werden. Werde dies missachtet, dürften die Dienstpläne nicht angewendet werden. Die von dem Dienstplan betroffene Endoskopie-Station müsse dann eben geschlossen werden.

Der Arbeitgeber hielt dieses Verlangen für unverhältnismäßig. Müsse die wichtige Endoskopie-Abteilung wegen der fehlenden Zustimmung des Betriebsrates zu dem Dienstplan geschlossen werden, sei die Patientenversorgung gefährdet. Nach dem Antrag des Betriebsrates sei noch nicht einmal ein Notdienst möglich. Selbst bei einem Streik werde solch ein Notdienst aber vereinbart. Tatsächlich wolle der Betriebsrat mit seiner verweigerten Zustimmung nur Druck ausüben, um ein neues Personalplanungskonzept zu erzwingen.

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Anträge des Betriebsrats zurück. Als Krankenhauskonzern sei der Arbeitgeber nicht nur den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verpflichtet, sondern auch gegenüber den Patienten. Hier würde die Nichtanwendung des im Streit stehenden Dienstplanes zur Schließung der Endoskopie-Abteilung führen, was unverhältnismäßig sei.

Betriebrat gewinnt in der 2. Instanz

Die dagegen vom Betriebsrat eingelegte Beschwerde hatte vor dem LAG Erfolg. Der Betriebsrat habe Anspruch auf Unterlassung und könne verlangen, dass der Klinikbetreiber den im Streit stehenden Dienstplan nicht anwendet. Das Betriebsverfassungsgesetz sehe eine Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung vor. Die Mitbestimmung werde ausgeübt, indem der Betriebsrat entweder dem Dienstplan zugestimmt hat oder die Einigung der Betriebsparteien durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt wurde.

Hier habe der Klinikbetreiber nicht nur im Fall um die Endoskopie-Abteilung, sondern auch in zahlreichen anderen Fällen einfach per Weisung die Dienstpläne einseitig durchgesetzt, ohne die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu beachten.

Dass der Betriebsrat eine Blockadehaltung einnimmt, um mit der Ablehnung von Dienstplänen andere Interessen durchzusetzen, sei noch nicht ersichtlich. Solch eine Blockadehaltung wäre allerdings auch missbräuchlich und unzulässig, zumal beide Betriebsparteien nach dem Betriebsverfassungsgesetz zur „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ verpflichtet seien. Hier habe der Betriebsrat aber nicht generell eine Zusammenarbeit abgelehnt, so das LAG.

Der Arbeitgeber habe es zudem unterlassen, eine Einigungsstelle anzurufen, welche die fehlende Zustimmung des Betriebsrates zum Dienstplan ersetzen kann. Schließlich könne sich der Klinikbetreiber auch nicht darauf berufen, dass bei monatlich fast 600 zu erstellenden Dienstplänen die Mitbestimmung schwierig zu handhaben sei. Würde bei dem Arbeitgeber pro Krankenhaus jeweils ein Betriebsrat gewählt, würde dies das Verfahren um die Dienstplanerstellung deutlich verbessern.

Die Patientenversorgung sei bei der fehlenden Zustimmung zu einem erstmals erstellten Dienstplan ebenfalls nicht gefährdet, da der Arbeitgeber bis zu Beginn des Dienstplanes noch ausreichend Vorlaufzeit hat, um darauf reagieren zu können.

 

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