Arbeitsgericht Bielefeld sieht darin keinen Kündigungsgrund

Verschweigt ein Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit in einem von hohen Coronavirusinfektionszahlen betroffenen Betrieb, darf der Hauptarbeitgeber ihn deshalb noch nicht kündigen. Solch eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten führt nicht sofort zu einem zerstörten Vertrauensverhältnis, so dass eine Abmahnung als Warnung an den Beschäftigten ausreicht, entschied das Arbeitsgericht Bielefeld in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 17.12.2020 (AZ: 1 Ca 1741/20).

Im Streitfall ist der heute 44-jährige klagende Arbeitnehmer als Qualitätsprüfer bei einem Autoteilezulieferer beschäftigt. Um sich etwas hinzuzuverdienen, arbeitete der Mann sonntags für eine Reinigungsfirma als Reinigungskraft im Schlacht- und Zerlegebetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Dabei reinigte er in Ganzkörperschutzanzug und zuletzt mit Atemschutzmaske mit scharfen Chemikalien Räumlichkeiten, in denen Schweinehälften schockgefrostet wurden. Tönnies-Mitarbeiter waren dort zu keiner Zeit tätig.

Als im Juni 2020 in dem Schlachtbetrieb bei 730 von 1.106 getesteten Beschäftigten das SARS-CoV-2-Virus festgestellt wurde, wurde der Betrieb per Allgemeinverfügung geschlossen und die Mitarbeiter in Quarantäne geschickt. Im Zuge der Presseberichterstattung ließ sich auch der Kläger freiwillig auf das Coronavirus testen. Eine Infektion bestand nicht.

Arbeitgeber reagiert mit fristloser Kündigung

Als sein Hauptarbeitgeber von dem Nebenjob erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer habe nicht, wie im Arbeitsvertrag festgelegt, den Arbeitgeber über die Nebentätigkeit informiert. Selbst als später über 1.000 positive Coronabefunde bei Tönnies bekanntwurden, habe er geschwiegen. Letztlich habe er billigend in Kauf genommen, dass sich auch seine Kolleginnen und Kollegen infizieren. Dieses grob fahrlässige Verhalten habe das Vertrauensverhältnis zerstört.

Doch das Arbeitsgericht erklärte sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Die Kündigung sei bereits wegen der fehlerhaften Beteiligung des Betriebsrates nicht gültig. So habe der Arbeitgeber dem Kläger bereits gekündigt, bevor der Betriebsrat ausdrücklich seine abschließende Stellungnahme zur Kündigung geben konnte. Dem Betriebsrat seien auch nicht alle für die Kündigung wichtigen Sachverhalte mitgeteilt worden, wie etwa die genauen Arbeitsbedingungen, oder dass der Kläger negativ auf das Coronavirus getestet wurde.

Vorzuwerfen sei dem Kläger zwar, dass er die Nebentätigkeit nicht seinem Arbeitgeber angezeigt hatte. Dies könne jedoch nur eine Abmahnung, nicht aber eine Kündigung rechtfertigen, so das Arbeitsgericht Bielefeld. Das Verhalten des Klägers sei nicht durch „grobe Rücksichtslosigkeit“ geprägt gewesen. Er habe vielmehr wegen der medialen Berichterstattung nicht den Mut gehabt, die Nebentätigkeit zu offenbaren. Es sei auch nicht ersichtlich, „warum sich der Kläger eine Abmahnung nicht zur Warnung dienen lassen sollte“.

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