BAG: Nur Zeugnis im Fließtext ist ein qualifiziertes Arbeitszeugnis

Ein Arbeitszeugnis darf nicht wie ein Schulzeugnis als Tabelle gefasst sein. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf ein „qualifiziertes Arbeitszeugnis“ lässt sich vielmehr nur mit einem Fließtext erfüllen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Mittwoch, 25.08.2021, veröffentlichten Urteil (AZ: 9 AZR 262/20). Nur dies erlaube die für das Zeugnis notwendigen individuellen Differenzierungen.

Geklagt hatte ein Elektriker aus Westfalen. 2018 hatte er sein Arbeitsverhältnis gekündigt. Von seinem bisherigen Arbeitgeber erhielt er ein Zeugnis, das nach einer Einleitung wie ein Schulzeugnis aussah. In einer Tabelle wurden verschiedenste Punkte wie Kenntnisse, Motivation, Arbeitsqualität, Sauberkeit und Freundlichkeit mit insgesamt 21 Schulnoten bewertet.

Doch damit hat der Arbeitgeber den Anspruch des Elektrikers auf ein „qualifiziertes Arbeitszeugnis“ nicht erfüllt, urteilte das BAG. Ein solches Zeugnis müsse „individuell auf den einzelnen Arbeitnehmer zugeschnitten“ sein. Die hierfür notwendigen „individuellen Hervorhebungen und Differenzierungen“ seien nur in einem Fließtext möglich.

Ein Arbeitszeugnis müsse immer die konkrete Tätigkeit beschreiben und sich dann darauf beziehen. In einer Notentabelle stünden die verschiedenen Punkte aber gleichrangig nebeneinander. Die für die Bewertung prägenden Merkmale verlören so ihre Bedeutung.

Daher entfalte ein Arbeitszeugnis in Tabellenform „nur geringe Aussagekraft“, betonten die Erfurter Richter. Es erwecke „den unzutreffenden Eindruck einer besonders differenzierten, präzisen und objektiven Beurteilung“, obwohl es sich letztlich um subjektive Einschätzungen handele. „Besondere Eigenschaften, Kenntnisse oder Fähigkeiten, die den Arbeitnehmer für neue Arbeitgeber interessant machen könnten, lassen sich daraus nicht ableiten.“

Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 27.04.2021 verwies das BAG den Zeugnisstreit an die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Hamm, zurück. Dies soll nun über die Formulierung eines als Fließtext gefassten Zeugnisses entscheiden.

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