LAG Kiel: Abmahnung wegen Betriebsfriedenstörung hätte ausgereicht

Das von einem Arbeitnehmer in einer WhatsApp-Gruppe veröffentlichte und scherzhaft gemeinte Video einer Traueransprache über den vermeintlichen Tod eines Kollegen muss noch keine Kündigung begründen. Auch wenn durch das Video der Tod des Kollegen vorgetäuscht und damit der Betriebsfrieden gestört wird, wäre hier eine Abmahnung ausreichend gewesen, entschied das Schleswig-Holsteinische Landesarbeitsgericht (LAG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 19.08.2025 (AZ: 1 Sa 104/25). Werde im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein neuer Kündigungsgrund vorgebracht, ohne dass zuvor der Betriebsrat darüber Kenntnis hatte, kann dies die Kündigung ebenfalls nicht rechtfertigen, so die Kieler Richter.

Der Kläger ist bei der Werkfeuerwehr im Uniklinikum Schleswig-Holstein im Bereich Logistik/Patiententransport tätig. Am 21.07.2024 verkündete er in der Uniform der Werkfeuerwehr in einem Video und über die Außenlautsprecher des abgestellten Feuerwehr-Gerätewagens den vermeintlichen Tod eines Kollegen. Er hielt eine Traueransprache, untermalt mit der Musik von Franz Schuberts „Ave Maria“. Das in der Pause angefertigte Video stellte der Arbeitnehmer in einer Kollegen-WhatsApp-Gruppe ein.

Dort war auch der als Tod bezeichnete Kollege Mitglied. Dieser fasste das Video als Scherz auf. Er schrieb mit einem lachenden Smiley, dass er noch „ein wenig“ atme und sein Körper durchblutet sei.

Die Arbeitgeberin, die für das Uniklinikum Serviceleistungen erbringt, fand die Aktion nicht akzeptabel Sie hörte für eine beabsichtigte Kündigung den Betriebsrat an und kündigte daraufhin dem Kläger außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Sie warf ihm vor, mit dem Video den Betriebsfrieden gestört zu haben. Das Video sei zudem während der Arbeitszeit erfolgt. Vor dem Arbeitsgericht schob die Arbeitgeberin noch einen weiteren Kündigungsgrund nach. Danach habe der Kläger für die Videoaufnahme den Gerätewagen der Feuerwehr von seinem vorgesehenen Platz umgestellt. Damit sei die Einsatzfähigkeit der Werkfeuerwehr gefährdet worden. Auf eine Abmahnung habe verzichtet werden können.

Kläger gewinnt in beiden Instanzen

Sowohl das Arbeitsgericht Lübeck als nun auch das LAG erklärten die fristlosen und die ordentlichen Kündigungen für unwirksam. Unstreitig sei, so das LAG, dass der Kläger während seiner Arbeitspause das Video gedreht hat. Mit der darin enthaltenen „Traueransprache“ und der unwahren Meldung über den Tod des Kollegen habe der Kläger den Betriebsfrieden gestört. Allerdings sei der Kollege in dem Video nicht „verächtlich“ gemacht oder dessen Tod gewünscht worden. Das Video sei erkennbar als geschmackloser „Scherz“ gemeint. Eine Abmahnung hätte daher ausgereicht.

Auch sei die Ansprache von niemand anderem sonst – mit Ausnahme der wenigen Mitglieder der WhatsApp-Gruppe – wahrgenommen worden. Die Ansprache über die Lautsprecher des Gerätewagens sei nur in einer moderaten Lautstärke erfolgt.

Der erst beim Arbeitsgericht eingeführte Vorwurf, den Feuerwehrgerätewagen umgestellt und damit im Notfall die Einsatzfähigkeit der Werkfeuerwehr beeinträchtigt zu haben, könne die Kündigung nicht begründen. Dabei handele es sich um einen nachgeschobenen, selbstständig tragenden Kündigungsgrund, über den der Betriebsrat bei seiner Prüfung der Kündigung gar nicht informiert worden war. Solch ein nachgeschobener Kündigungsgrund könne bei der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung dann nicht mehr berücksichtigt werden, urteilte das LAG.

Dass das Hochladen des Videos auf WhatsApp während der Arbeitszeit erfolgt ist, sei unbeachtlich. Denn die nur wenige Sekunden dauernden Tätigkeit habe die Arbeitspflichten des Klägers nicht beeinträchtigt.

 

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