Fordern Arbeitnehmer wegen Mobbings ein Schmerzensgeld, können sie sich mit der Einreichung einer Klage grundsätzlich drei Kalenderjahre Zeit lassen. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Anspruch nicht wegen bloßer Untätigkeit verwirken, urteilte am Donnerstag, 11.12.2014, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 838/13). Die Verjährungsfrist fängt danach ab dem Zeitpunkt der letzten Mobbing-Handlung an zu laufen.

Im konkreten Fall war der Kläger als Personalfachberater/Fachberater Arbeitsrecht in einem Unternehmen des mittlerweile pleitegegangenen Quelle-Konzerns angestellt. Der Mann, der über das erste, nicht aber über das zweite juristische Staatsexamen verfügte, erhielt von 1998 bis 2006 mehrere gute bis sehr gute Zwischenzeugnisse.

Doch als er im Juni 2006 einen neuen Vorgesetzten bekam, war damit Schluss. Die Abteilung sollte nun ausschließlich mit Volljuristen besetzt werden. Dem Kläger wurde die Kündigung nahegelegt. Er könne sich ja auf andere Stellen im Unternehmen bewerben.

Dies blieb jedoch erfolglos, so dass er weiter auf seine Stelle beharrte. Daraufhin nahm eine Volljuristin seinen Platz ein. Der Kläger wurde in ein Einzelbüro verbannt. Der Zugriff auf Datenbestände des Unternehmens wurde ihm verweigert, im Informationssystem des Unternehmens tauchte er als Fachberater nicht mehr auf. Auch Prämienzahlungen wurden blockiert. Es folgten Abmahnungen, weil er ihm aufgetragene umfangreiche Arbeiten nicht erledigte.

Der Kläger fühlte sich massiv gemobbt. Nach seinen Angaben habe sein Vorgesetzter erklärt, dass dieser „Spaß“ an dem Vorgehen habe.

Dies alles blieb nicht ohne Folgen. Der Kläger wurde krank. 2007 war er an 52 Tagen, 2008 an 216 Tagen und 2009 durchgängig bis August arbeitsunfähig erkrankt. Bei ihm wurden Depressionen und ein chronisches Überlastungssyndrom festgestellt.

Erst fast zwei Jahre nach der letzten Mobbinghandlung reichte der Mann am 28.12.2010 Klage ein und forderte von seinem Vorgesetzten mindestens 10.000,00 € Schmerzensgeld. Mit den Mobbing-Handlungen sei sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt worden.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg urteilte am 25.07.2013, dass der Schmerzensgeldanspruch viel zu spät geltend gemacht worden sei (AZ: 5 Sa 525/11). Nach einem so langen Zeitraum habe der Vorgesetzte nicht mehr mit einer Mobbing-Klage rechnen müssen. Derart späte Forderungen verstießen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und könnten daher auch vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren verwirkt sein.

Nach fast zwei Jahren habe der Vorgesetzte darauf vertrauen können, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird, zumal Erinnerungen an Äußerungen und Verhaltensweisen verblasst seien.

Bis wann Schmerzensgeld-Ansprüche wegen Mobbings geltend gemacht werden müssen, legte das LAG nicht fest. Als Richtschnur könne aber die Frist für Diskriminierungsentschädigungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sein. Diese betrage zwei Monate.

Vor dem BAG hatte das Urteil jedoch keinen Bestand. Auch wenn der Kläger fast zwei Jahre mit der Einreichung seiner Klage gewartet hat, sei ein möglicher Schmerzensgeldanspruch nicht verwirkt. Ein bloßes Zuwarten sei nicht als „treuwidrig“ anzusehen, so die Erfurter Richter.

Maßgeblich sei vielmehr die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Kalenderjahren. Diese gesetzliche Frist dürfe nicht mit dem Argument der Verwirkung einfach unterlaufen werden. Auch der Verweis auf Beweisschwierigkeit des Vorgesetzten greife nicht, zumal bei Mobbing-Vorwürfen zuerst der Beschäftigte beweispflichtig sei.

Das LAG muss nun prüfen, ob der Vorgesetzte den Kläger tatsächlich gemobbt hat.

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