Müssen Klinik- und Arztpersonal eine leicht erkennbare Dienstkleidung tragen, sind dem Arbeitnehmer die hierfür erforderlichen Zeiten für das Umziehen außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit grundsätzlich als Überstunden zu bezahlen. Der Arbeitgeber darf den Beschäftigten nicht darauf verweisen, dass er die weiße Kleidung ja Zuhause an- und ablegen kann, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 20.12.2017, veröffentlichten Urteil (AZ: 5 AZR 382/16). Nicht zusätzlich zu vergüten seien dagegen die Zeiten für eine erforderliche Händedesinfektion. Diese sei im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit vorzunehmen.

In seiner ständigen Rechtsprechung geht das BAG davon aus, dass Zeiten für das An- und Ablegen „besonders auffälliger Dienstkleidung“ vergütungspflichtige Überstunden darstellen können. Selbst der Weg zur Umkleide muss danach bezahlt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das Tragen der Dienstkleidung erforderlich ist.

Der Arbeitgeber ist jedoch nicht in der Vergütungspflicht, wenn die Kleidung Zuhause angelegt werden kann und diese nicht besonders auffällig ist. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer die Dienstkleidung auch privat nutzen darf.

Was genau jedoch als „auffällig“ gilt, ist regelmäßig vor den Arbeitsgerichten im Streit.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte ein in einem niedersächsischen Kreiskrankenhaus beschäftigter Krankenpfleger von seinem Arbeitgeber 464,20 € Überstundenvergütung verlangt. Zwischen Februar 2013 und April 2014 habe er an 100 Werktagen durchschnittlich zwölf Minuten pro Arbeitstag gebraucht, um die Klinikkleidung an- und auszuziehen. In den zwölf Minuten waren auch 30 Sekunden für die erforderliche Händedesinfektion enthalten. Diese Zeiten müssten als Überstunden bezahlt werden, forderte er und verwies dabei auf eine im Krankenhaus geltende Dienstvereinbarung.

Doch die Klinik lehnte dies ab. Der Beschäftigte könne die weiße Klinikkleidung auch Zuhause an- und ablegen. In diesem Fall bestehe kein Anspruch auf Vergütung.

Umziehen daheim nicht zumutbar

Das BAG verwies das Verfahren zwar wegen fehlender Tatsachenfeststellungen an das Landesarbeitsgericht (LAG) Hannover zurück. Die Erfurter Richter betonten jedoch, dass dem Kläger das Umziehen Zuhause nicht zuzumuten sei.

Zwar sei auf der Dienstkleidung kein Logo oder Emblem des Krankenhauses aufgedruckt. Dennoch handele es sich um eine „besonders auffällige“ Kleidung. Denn anhand der Dienstkleidung könne der Kläger von Dritten leicht der Gesundheitsbranche zugeordnet werden. Für die Zuordnung zu einer Branche oder einem Berufszweig sei es ohne Bedeutung, ob die Dienstkleidung in dezenten oder auffälligen Farben gehalten ist. „An der Offenlegung seiner beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein eigenes Interesse“, so das BAG in seinem Urteil vom 06.09.2017.

Grundsätzlich seien daher entsprechende Umkleidezeiten zu vergüten. Die Zeiten für die Händedesinfektion zählten jedoch nicht zu den Überstunden. Diese Tätigkeit sei im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit vorzunehmen.

Inwieweit der Kläger nun tatsächlich Anspruch auf eine Überstundenvergütung hat, konnten die Erfurter Richter nicht abschließend entscheiden. Das LAG Hannover muss noch prüfen, ob tarifliche Bestimmungen eine Vergütung der Umkleidezeiten ausschließen. Auch gibt es Unstimmigkeiten bei den angegebenen Umkleidezeiten.

Das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main hatte in einem anderen „Umkleidestreit“ am 23.11.2015 entschieden, dass auch arbeitsbedingt regelmäßig verschmutzte und auffällige Dienstkleidung zu vergüteten Umkleidezeiten führen können (AZ: 16 Sa 494/15). Selbst wenn ein Betrieb nicht vorschreibt, dass Beschäftigte sich im Betrieb umziehen müssen, kann das Umziehen Zuhause nicht zumutbar sein und eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers nach sich ziehen, so die Darmstädter Richter im Fall eines im Müllheizkraftwerk Kassel beschäftigten Mannes.

Mediation als Alternative?

Meiner Meinung nach sollten Streitparteien es öfters mal mit Mediation versuchen.

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