Verzögert ein Arbeitgeber ohne ausreichenden Grund die Wiedereingliederung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in die Arbeit, muss er für den entgangenen Lohn Schadenersatz zahlen. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 23.05.2018 klargestellt (AZ: 15 Sa 1700/17). Die Berliner Richter sprachen damit einer angestellten schwerbehinderten Lehrerin Schadenersatz zu.

Die Pädagogin war seit dem 01.10.2013 arbeitsunfähig erkrankt. Am 20.01.2015 beantragte sie bei ihrem Arbeitgeber, dem Land Berlin, die Durchführung einer Wiedereingliederung. Als Schwerbehinderte habe sie einen gesetzlichen Anspruch auf eine stufenweise Wiedereingliederung. Sie legte eine ärztliche Bescheinigung vor, in der die volle Arbeitsfähigkeit für den 28.03.2015 prognostiziert wurde.

Das Land lehnte die Wiedereingliederung zunächst ab. Erst nachdem eine weitere ärztliche Bescheinigung vorgelegt wurde, wurde die Lehrerin ab dem 07.04.2015 stufenweise in ihre Arbeit wieder eingegliedert.

Von ihrem Arbeitgeber verlangte sie nun Schadenersatz in Höhe von 2.278,00 € für entgangenen Lohn. Bei einer früheren Wiedereingliederung wäre sie laut ärztlicher Bescheinigung bereits seit dem 28.03.2015 voll arbeitsfähig gewesen. Der Arbeitgeber habe schuldhaft erst später eine stufenweise Wiedereingliederung durchgeführt.

Das LAG gab ihr nun Recht. Voraussetzung für die Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme für einen schwerbehinderten Arbeitnehmer sei es, dass dieser eine ärztliche Bescheinigung vorlegt. Darin müssten die Art und Weise der empfohlenen Beschäftigung, Beschäftigungsbeschränkungen, der Umfang der Arbeitszeit und die Dauer der Maßnahme angegeben sein. Auch eine Prognose, ab wann voraussichtlich die volle Arbeitsfähigkeit besteht, dürfe nicht fehlen.

Dies alles sei in der ersten vorgelegten ärztlichen Bescheinigung enthalten gewesen. Das Land habe auch nicht erklärt, warum die stufenweise Wiedereingliederung bis zum 28. März 2015 unverhältnismäßig oder unzumutbar sei. Indizien, dass die Bescheinigung fehlerhaft sei, habe das Land ebenfalls nicht vorgetragen. Damit habe es schuldhaft den Anspruch auf Durchführung der Wiedereingliederung verletzt. Der Klägerin stehe daher Schadenersatz für den entgangenen Lohn in Höhe von 2.278,00 € zu.

 

Wiedereingliederung kann auch eine von vielen BEM-Maßnahmen sein

Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) muss der Arbeitgeber für Mitarbeiter anbieten, die über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt sind.

Beim BEM handelt es sich nicht um ein einmaliges Gespräch, sondern um ein ergebnisoffenes Verfahren.

Dessen Ziel ist es, Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung eines BEM ist seit Mai 2004 im Sozialgesetzbuch IX (kurz: SGB IX) geregelt. Dennoch ist dieses Verfahren vor allem in vielen kleinen Unternehmen noch Neuland, obwohl die Durchführung in § 167 Abs. 2 SGB IX für alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten zwingend vorgeschrieben ist.

Eine 7-teilige Artikel-Serie zum BEM finden Sie hier.

 

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