Rentner dürfen als Stellenbewerber nicht wegen ihres Rentenalters abgelehnt werden. Auch wenn ein öffentlicher Arbeitgeber auf eine Altersgrenzenregelung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) verweist, stellt eine Absage wegen des Rentnerstatus eine unzulässige Altersdiskriminierung dar, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 01.08.2018 (AZ: 17 Sa 1302/17). Die Hannoveraner Richter sprachen damit einem 71-Jährigen Stellenbewerber eine Diskriminierungsentschädigung zu.

Die Stadt Osnabrück hatte eine „Hauswirtschaftliche Anleitung im Zentrum für Jugendberufshilfe mit 35 Wo/Std., befristet vom 01.07.2017 – 31.03.2018, Eingruppierung nach TVöD“ gesucht. Der 71-Jährige Rentner bewarb sich auf die Stelle und verwies auf seine Erfahrungen in dem Bereich. Er wies zudem ausdrücklich auf seinen Rentnerstatus hin.

Die Kommune erteilte ihm eine Absage. Obwohl die Bewerbung „sehr beeindruckt“ habe, dürften „keine Rentner eingestellt werden“.

Der Rentner fühlte sich wegen seines Alters unzulässig benachteiligt und verlangte eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern, insgesamt 8.271,00 €.

Es folgte zunächst eine Entschuldigung der Stadt. Die Formulierung der Absage, dass keine Rentner eingestellt werden dürfen, sei missverständlich. Der TVöD enthalte jedoch eine Altersgrenzenregelung, nach der ein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, in dem die Beschäftigten das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet haben.

Nach Erreichen der Altersgrenze sei ein erneutes Beschäftigungsverhältnis nur mit Zustimmung der zuständigen Personalvertretung möglich, so die Stadt. Wegen der Entscheidungspraxis der Personalvertretung sei davon auszugehen, dass der Kläger nach einem positiven Auswahlverfahren nicht die erforderliche Zustimmung erhalten hätte.

Das Arbeitsgericht Osnabrück sprach dem 71-Jährigen wegen der erlittenen Altersdiskriminierung die gewünschte Entschädigung von 8.271,00 €.

LAG reduziert den Entschädigungsbetrag wegen Diskriminierung

Das LAG stellte ebenfalls eine Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) fest, verringerte jedoch den Entschädigungsanspruch auf ein Monatsgehalt in Höhe von 2.757,00 €.

Der Kläger sei wegen seines Rentnerstatus’ nicht zum Bewerbungsverfahren zugelassen und damit unmittelbar wegen seines Lebensalters benachteiligt worden. Der 71-Jährige sei auch objektiv für die Stelle geeignet gewesen. Mit der Ablehnung sei ihm die Chance versagt worden, den Arbeitgeber von seiner Bewerbung zu überzeugen. Es komme daher auch nicht darauf an, dass die Kommune die Stelle letztlich gar nicht besetzt habe.

Die Stadt habe den Vorwurf der Altersdiskriminierung nicht entkräften können, urteilte das LAG. Es gebe zwar im TVöD eine Altersgrenzenregelung in Bezug auf die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Regelung hindere eine Kommune aber nicht daran, Altersrentner neu einzustellen. Es gebe nach den tariflichen Bestimmungen auch keine Rechtfertigung dafür, dass ein Bewerber überhaupt nicht in die Auswahl einbezogen wird.

Allerdings sei die Entschädigungshöhe auf ein Brutto-Monatsgehalt zu verringern, so die Hannoveraner Richter. Die Höhe reiche aus, um eine „abschreckende Wirkung“ zu erzielen. Außerdem habe es sich hier eh nur um eine auf neun Monate befristete Stelle gehandelt.

Bereits am 23.08.2012 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Arbeitgeber sich auch dann nicht um eine Diskriminierungsentschädigung drücken können, wenn die Stelle später gar nicht besetzt wird (AZ: 8 AZR 285/11). Ob die Stelle besetzt wurde oder nicht, spielt für eine erlittene Diskriminierung im Bewerbungsverfahren keine Rolle. Auf diese Entscheidung stützte sich hier auch das LAG.

In einem weiteren Urteil vom 24.01.2013 betonte das BAG, dass öffentliche Arbeitgeber nach der Verfassung verpflichtet seien, Stellen nur nach „Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber“ zu besetzen (AZ: 8 AZR 429/11). Eine alleinige Suche nach „Hochschulabsolventen“ könne ein Indiz für eine Altersdiskriminierung sein, so die Erfurter Richter.

 

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