BAG: Verlängerung ist Besetzung einer sonst freiwerdenden Stelle

Die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über das Rentenalter hinaus ist mitbestimmungspflichtig. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 27.01.2022, veröffentlichten Beschluss entschieden (AZ: 7 ABR 22/20). Die Weiterbeschäftigung sei eine Besetzung der sonst freiwerdenden Stelle. Eine Gesetzesänderung aus 2014 ändere an der Mitbestimmung nichts.

Diese in das Sozialgesetzbuch VI eingefügte Klausel lässt es ausdrücklich zu, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus vereinbaren. Seit der Gesetzesänderung machen die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke München davon mehrfach im Jahr Gebrauch. Der für die Verkehrsbetriebe eingerichtete gemeinsame Betriebsrat erhält jeweils eine Information.

Den Arbeitnehmervertretern reicht dies nicht aus. Mit ihrem Antrag pochten sie auf volle Mitbestimmung. Dem gab das BAG nun statt. Die Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus sei eine mitbestimmungspflichtige Stellenbesetzung.

Zur Begründung verwiesen die Erfurter Richter auf ihre ständige Rechtsprechung, wonach die Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse der Mitbestimmung unterliegt. Damit sei die Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus vergleichbar. In beiden Fällen würden die betroffenen Stellen ohne die Verlängerung frei. Mit der Verlängerung nehme der Arbeitgeber demnach eine Besetzung der jeweiligen Stelle vor.

Von der Zustimmung des Betriebsrats zu der ursprünglichen Einstellung sei die Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus nicht umfasst, betonte das BAG. Auch könne es für den Betriebsrat gute Gründe geben, die Zustimmung zu verweigern, etwa weil dann jüngere Beschäftigte nicht auf besser bezahlte Posten nachrücken können.

Entsprechend hatte das BAG auch schon früher entschieden, zuletzt 1992 (Beschluss vom 10.03.1992, AZ: 1 ABR 67/91). Nach der neuen Entscheidung ändert die 2014 eingeführte Verlängerungsklausel daran nichts. „Anknüpfungspunkt für die Beteiligung des Betriebsrats ist die tatsächliche Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb über das zunächst vorgesehene Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus, nicht aber die Verlängerung des Arbeitsvertrags. Es ist daher gleichgültig, auf welcher rechtlichen Grundlage die Weiterbeschäftigung beruht“, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 22.09.2021.

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