LAG Nürnberg: Letzter Vertrag ist sonst zumindest teilweise nichtig

Arbeitnehmer müssen darauf achten, dass sie die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Tun sie das nicht, ist der letzte Arbeitsvertrag nichtig, der zu der Überschreitung geführt hat, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 19.05.2020 entschied (AZ: 7 SA 11/19). Zum Schutz des Arbeitnehmers kann danach ein Arbeitsvertrag aber teilweise bestehen bleiben, soweit die Höchstarbeitszeit noch eingehalten wird.

Der Kläger war mit 39,5 Stunden pro Woche bei einem Metallbetrieb in Bayern beschäftigt. Daneben schloss er mit einem kommunalen Wasserversorger noch einen Arbeitsvertrag als Wasserwart mit einer Arbeitszeit von 60,5 Stunden pro Monat, was auf das Jahr bezogen knapp 14 Stunden pro Woche entspricht.

Als es zu einem Streit um die Arbeitsleistung kam, kündigte der Wasserversorger. Er machte geltend, dass der Arbeitsvertrag ohnehin nichtig sei, weil der Arbeitnehmer insgesamt mehr als die zulässigen 48 Stunden pro Woche arbeite.

Dem ist das LAG Nürnberg nun gefolgt; es wies die Kündigungsschutzklage des Wasserwarts ab. Zwischen den Parteien habe „ein sogenanntes fehlerhaftes Arbeitsverhältnis“ bestanden. Dies sei nichtig.

Zur Begründung verwies das LAG auf das Arbeitszeitgesetz, das die werktägliche Arbeitszeit auf acht Stunden begrenzt; den Samstag einbezogen sind dies 48 Stunden pro Woche. An einem Werktag dürfen es zehn Stunden sein, wenn im Durchschnitt eines halben Jahres die Grenze von acht Arbeitsstunden je Werktag nicht überschritten wird. Tarifliche Ausnahmen sind zulässig, wenn die Arbeitszeit zu großen Teilen Bereitschaftszeiten umfasst.

Bei dieser Vorschrift „handelt es sich um ein Verbotsgesetz“, heißt es nun hierzu in den Nürnberger Leitsätzen. Dies habe auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt bereits entschieden (so Urteil vom 20.11.2018, AZ: 9 AZR 327/18). Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, sei aber nichtig.

Allerdings führe dies nicht automatisch zur vollen Aufhebung des Vertrags. Wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gewollt habe, könne es insoweit Bestand haben, als die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird. Wegen vertraglicher Besonderheiten sei dies hier für den Wasserwart aber nicht möglich.

Das Argument, zu der werktäglichen Höchstarbeitszeit komme noch die Arbeitszeit für zulässige Sonntagsarbeit hinzu, ließ das LAG nicht gelten. Das Gesetz begrenze die Gesamtarbeitszeit für die einzelne Woche auf 60 (sechs mal zehn) Stunden und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in einem Sechs-Monats-Zeitraum auf 48 (sechs mal acht) Stunden. Arbeit an Sonn- und Feiertagen sei davon mit umfasst.

Weiter betonte das LAG, dass Überschreitungen der zulässigen Höchstarbeitszeit nicht mit Urlaub ausgeglichen werden können.

Hier habe der Arbeitnehmer 39,5 Wochenstunden in dem Metallbetrieb und weitere knapp 14 Stunden als Wasserwart gearbeitet, insgesamt über 53 Stunden. Damit sei die Obergrenze von 48 Wochenstunden dauerhaft überschritten gewesen. Die gesetzliche Ausnahme bei Bereitschaften sei nicht einschlägig.

Als Folge sei der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag nichtig, urteilte das LAG. Dies sei hier der Vertrag mit dem Wasserversorger gewesen. Eine Kündigungsschutzklage sei aber nicht möglich, wenn ein wirksames Arbeitsverhältnis gar nicht bestanden hat. Den Vertrag teilweise aufrecht zu halten sei nicht möglich, weil die Arbeit des Wasserwarts zu großen Teilen aus Notdiensten bestanden habe.

Trotz seiner Nichtigkeit werde der Arbeitsvertrag aber nicht rückabgewickelt, stellte das LAG klar. Zum Schutz des Arbeitnehmers bleibe die Vergütungspflicht des Arbeitgebers für bereits geleistete Arbeit bestehen.

Die Revision ließ das LAG nicht zu, hiergegen ist aber Beschwerde beim BAG möglich.

 

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