BAG: Sexualbezogene Kollegenbeschämung muss Arbeitgeber nicht dulden

Zieht ein Arbeitnehmer während der Arbeit einem Kollegen gegen dessen Willen die Hose bis auf die Genitalien herunter, stellt dies „an sich“ ein wichtiger Grund für eine Kündigung dar. Zielt die Hosenaktion auf eine „sexualbezogene Beschämung“ des Kollegen, ist dies als erheblicher und entwürdigender Eingriff in die Intimsphäre zu werten, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag, 10.08.2021, veröffentlichten Urteil (AZ: 2 AZR 596/20). Ob im Streitfall tatsächlich die Genitalien entblößt werden sollten und die Kündigung gerechtfertigt war, muss das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) noch einmal prüfen.

Stein des Anstoßes war ein „Hosenübergriff“ des Klägers. Der Mann war seit 2014 bei einem Automobilhersteller in Sachsen in der Fertigung beschäftigt. Während der Nachtschicht vom 01. zum 02.05.2019 näherte er sich einem eingesetzten Leiharbeitnehmer. Unvermittelt zog er diesem vor aller Augen die Arbeitshose und die Unterhose herunter. Die Genitalien des Mannes waren für einige Sekunden für alle zu sehen. Es folgte ein Gelächter der anderen Beschäftigten.

Der Leiharbeiter beschwerte sich bei der Personalleitung. Diese fand die Hosenattacke nicht lustig. Nach einem Personalgespräch kündigte sie dem Kläger fristlos. Der sah in dem Übergriff dagegen keinen „wichtigen Grund“ für eine fristlose Kündigung.

Das Sächsische LAG hielt die Kündigung für unwirksam

Doch diese Entscheidung hob das BAG nun auf und verwies das Verfahren wegen fehlender Feststellungen an die Vorinstanz zurück. Werde einem Kollegen die Hosen gegen dessen Willen heruntergezogen, um dessen Genitalien zu entblößen, stelle dies eine sexuelle Belästigung dar. Dies sei „an sich“ ein „wichtiger Grund“, der eine Kündigung begründen könne.

Ein sexualbezogener Übergriff könne auch dann vorliegen, wenn die Genitalien eines anderen nicht berührt werden, so das BAG in seinem Urteil vom 20.05.2021. Ziele das Herunterziehen der Hose auf die Entblößung der Genitalien und damit auf eine „sexualbezogene Beschämung“ stelle dies „einen erheblichen und entwürdigenden Eingriff“ in die Intimsphäre und damit eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Ein Arbeitgeber habe aber ein „schutzwürdiges Interesse daran, dass ihre Arbeitnehmer mit den in ihrem Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmern respektvoll umgehen und gedeihlich zusammenarbeiten“.

Ob die Kündigung hier unwirksam war, konnte das BAG wegen fehlender Feststellungen des LAG nicht entscheiden. Neben formalen Problemen sei nicht klar, ob der Kläger nicht nur die Arbeitshose, sondern auch die Unterhose herunterziehen wollte. Nur wenn wirklich die Genitalien entblößt werden sollten, liege eine sexuelle Belästigung vor. Dies müsse das LAG noch ermitteln.

Geprüft werden müsse auch, ob eine Abmahnung als milderes Mittel hier ausgereicht hätte oder die weitere Zusammenarbeit mit dem Beschäftigten nicht mehr zumutbar ist. Letzteres hänge von der Schwere der Pflichtverletzung und dem Grad des Verschuldens des Klägers ab. Dieser hatte sich damit verteidigt, dass der Leiharbeitnehmer ihm in der Vergangenheit ebenfalls die Hose heruntergezogen habe. Diesen Einwand habe das LAG nicht ausreichend berücksichtigt.

In der Vergangenheit hatte das BAG bereits mehrfach zu Kündigungen wegen sexueller Übergriffe entschieden. So urteilten die obersten Arbeitsrichter am 20.11.2014, dass ein einmaliger Busengrapscher am Arbeitsplatz unter besonderen Umständen nicht automatisch eine fristlose Kündigung begründen muss (AZ: 2 AZR 651/13; Urteil vom 06.02.2015). Vielmehr müssten Umfang und Intensität hierbei berücksichtigt werden. Als sexuelle Belästigung wertete das BAG in einem Urteil vom 29.06.2017 den als Demütigung gedachten absichtlichen Hodengriff eines Kollegen (AZ: 2 AZR 302/16).

Das LAG Köln entschied am 01.04.2021, dass auch ein Kuss gegen den Willen einer Kollegin als sexuelle Belästigung anzusehen sei und eine Kündigung begründen könne (AZ: 8 Sa 798/20).

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