LAG Chemnitz: Kündigung ohne nähere Begründung war zulässig
Wird eine behinderte Arbeitnehmerin nach einem Leiharbeitsverhältnis vom Entleihbetrieb übernommen, wird diese Zeit nicht bei der gesetzlichen sechsmonatigen Wartezeit für den allgemeinen Kündigungsschutz mit berücksichtigt. Der Arbeitgeber kann der Frau innerhalb der Wartezeit ohne nähere Begründung kündigen, stellte das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz in einem am Dienstag, 30.09.2025, veröffentlichten Urteil klar (AZ: 2 SLa 38/24). Zwar müsse auch der Betriebsrat angehört werden. Es reiche aber die Mitteilung aus, dass die Beschäftigte sich „während der Probezeit nicht bewährt“ habe.
Die Klägerin arbeitet seit dem 16.06.2023 in einem Unternehmen als Telefonistin und sollte frühere und aktuelle Kunden zum Kauf eines neuen BMW-Pkws animieren. Vom 01.12.2022 bis 15.06.2023 übte sie als Leiharbeitnehmerin diese Tätigkeit bereits in dem Betrieb aus und wurde dann übernommen.
Der Arbeitgeber wusste bereits während des Leiharbeitsverhältnisses, dass die Frau die Feststellung einer Schwerbehinderung beantragt hatte. Nachdem nur ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 festgestellt wurde, legte sie dagegen Widerspruch ein. Abschließend wurde über den GdB noch nicht entschieden.
Als die Frau am 14.07.2023 erkrankte, kündigte ihr der Arbeitgeber nach sechs Wochen innerhalb der gesetzlichen Wartezeit von sechs Monaten. Als Begründung gab der Arbeitgeber an, dass sie „nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung unseren Anforderungen nicht“ genügt.
Die Beschäftigte hielt die Kündigung für unwirksam. Zum einen hätte der Arbeitgeber wegen ihres noch offenen Verfahrens über ihre Schwerbehinderung die Schwerbehindertenvertretung anhören müssen. Auch ein Präventionsverfahren, in dem Beschäftigungsmöglichkeiten im Fall einer Behinderung ausgelotet werden, hätte durchgeführt werden müssen.
Der Betriebsrat sei ebenfalls nicht darüber informiert worden, dass sie sich bereits vor dem Beschäftigungsverhältnis als Leiharbeiterin in einer „Testphase“ befunden und bewährt habe. Sie sei länger als sechs Monate in dem Betrieb tätig gewesen, so dass sie die gesetzliche Wartezeit, ab der der allgemeine Kündigungsschutz gilt, bereits eingehalten worden sei.
Das LAG wies mit Urteil vom 12.05.2025 die Kündigungsschutzklage ab.
Der allgemeine Kündigungsschutz für das Arbeitsverhältnis greife nicht. Denn die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten sei noch nicht abgelaufen. Vorbeschäftigungen in einem anderen Status – hier als Leiharbeitnehmerin – könnten nicht bei der Wartezeit berücksichtigt werden.
Innerhalb der Wartezeit kann der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin auch ohne nähere Begründung kündigen. Es reiche die Mitteilung aus, dass sie sich während der Probezeit nicht bewährt oder sie ihre übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Diese Mitteilung genüge auch gegenüber dem Betriebsrat.
Zwar könne zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie aus Anlass ihrer Arbeitsunfähigkeit gekündigt wurde. Generell unwirksam sei eine Kündigung deshalb nicht. Wolle der Arbeitgeber so in Zukunft weitere Arbeitsunfähigkeit und damit Betriebsablaufstörungen vermeiden, sei dies zulässig. Unzulässig sei eine Kündigung aus Anlass einer Krankmeldung nur, wenn das Fernbleiben von der Arbeit bestraft werden soll. Hierfür gebe es aber keine Anhaltspunkte.
Auch sei die Klägerin nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt worden. Dagegen spreche bereits, dass der Arbeitgeber die Frau übernommen habe, obwohl er von dem Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung wusste. Ein Präventionsverfahren habe der Arbeitgeber nicht durchführen müssen. Dies sei bei einer Schwerbehinderung vorgesehen. Bei der Klägerin sei diese aber nicht festgestellt worden.
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