LAG Hannover: Vorherige Abmahnung nicht erforderlich
Schubst ein Arbeitnehmer bei der verbotenen Nutzung seines Smartphones einen Vorgesetzten mit den Worten „Hau ab hier“ von sich weg, rechtfertigt dies die außerordentliche Kündigung. Denn nicht nur bei einer erheblichen Gewaltanwendung, sondern auch bei einer reinen Tätlichkeit kann die fristlose Kündigung begründet sein, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen in Hannover in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 25.08.2025 (AZ: 15 SLa 315/25).
Der 30-jährige Kläger war als Be- und Entlader beschäftigt. In dem Unternehmen war die Nutzung des privaten Smartphones während der Arbeitszeit verboten. Der Kläger hielt sich jedoch nicht daran. Als ein Vorgesetzter dies bemerkte, ging er auf den Beschäftigten zu. Der schubste den Vorgesetzten mit der rechten Hand gegen die linke Schulter und rief „Hau ab hier“. Zudem trat er nach dem Vorgesetzten und berührte ihn dabei leicht. Der Arbeitnehmer machte noch eine Geste mit dem erhobenen rechten Zeigefinger und befasste sich dann erneut mit seinem Smartphone. Der Vorfall wurde von einer Videokamera in dem Betrieb aufgezeichnet.
Der Arbeitgeber kündigte daraufhin dem Mann fristlos, hilfsweise ordentlich.
Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Er verteidigte sich und führte an, dass der Vorgesetzte in der Vergangenheit seine persönlichen Grenzen überschritten und er ihm zu nah gekommen sei. Der Vorgesetzte habe sich bei dem streitigen Vorfall ohne Vorwarnung an seine Schulter gelegt und auf sein Smartphone gesehen. Er habe sich erschreckt und den Mann beiseitegeschoben. Der angedeutete leichte Tritt sei ohne Verletzungsabsicht erfolgt.
Doch das LAG erklärte die außerordentliche Kündigung für wirksam.
Nicht nur bei einer erheblichen Gewalteinwirkung, sondern auch bei reinen Tätlichkeiten könne die Kündigung gerechtfertigt sein. Die Videoaufnahmen seien hier eindeutig. Danach habe der Kläger seinen Vorgesetzten weggeschubst und damit eine Tätlichkeit begangen. Es sei davon auszugehen, dass der sich nähernde Vorgesetzte sich über die verbotene Nutzung des Smartphones überzeugen wollte.
Zwar sei nicht davon auszugehen, dass Stoß und Tritt erhebliche Schmerzen verursacht haben. Dennoch sei der Vorgesetzte so stark gestoßen worden, dass dieser einen Schritt zur Seite machen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Damit habe sich der Kläger respektlos und unter Anwendung körperlicher Gewalt gegenüber dem Vorgesetzten verhalten. Anzeichen für ein Erschrecken oder eines Bedauerns gebe es den Videoaufnahmen zufolge nicht. Der tätliche Angriff stelle eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten dar, die eine außerordentliche Kündigung begründe. Eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich.
Der Arbeitgeber habe auch ein eigenes Interesse daran, dass Arbeitnehmer im Betrieb keine tätlichen Auseinandersetzungen erleiden und deshalb Arbeitskräfte ausfallen. Er müsse zudem berücksichtigen, wie es sich auf das Verhalten der übrigen Arbeitnehmer auswirkt, wenn Tätlichkeiten nicht zu einer Kündigung führten.
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