Lohnnachschläge für Leiharbeiter wegen unwirksamer Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) sind unter Umständen doch leichter durchsetzbar. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat in einem am Donnerstag, 11.10.2012, veröffentlichten Urteil entschieden, dass die Verjährungs- und Ausschlussfristen für Ansprüche auf Lohnnachzahlungen erst ab dem 14.12.2010 anfangen zu laufen (AZ: 9 Sa 187/11). Damit könnten Tausende Leiharbeiter noch auf Geld hoffen. Andere Instanzgerichte haben dagegen eher zugunsten der Arbeitgeber geurteilt.

Am 7. Dezember 2009 hatte das LAG Berlin-Brandenburg die CGZP für „nicht tariffähig“ erklärt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte dies am 14.12.2010 bestätigt (AZ: 1 ABR 19/10). Die von der CGZP geschlossenen Tarifverträge sind danach unwirksam. Am 22.05.2012 stellte das BAG nochmals klar, dass dies für alle je von der CGZP geschlossenen Tarifverträge gilt (AZ: 1 AZB 58/11).

Als Konsequenz können Arbeitnehmer, die nach CGZP-Tarifen bezahlt worden sind, im Grundsatz eine Bezahlung nach dem sogenannten Equal-Pay-Prinzip geltend machen – sprich den Lohn, den vergleichbare Arbeitnehmer in ihrem Entleihbetrieb bekommen haben.

Im verhandelten Rechtsstreit wurde der bei einer Leiharbeitsfirma eingesetzte Kläger von April 2010 bis März 2011 in verschiedenen Unternehmen als Handwerker eingesetzt. Laut Arbeitsvertrag orientierte sich die Entlohnung nach einem CGZP-Tarifvertrag. Außerdem erhielt der Arbeitnehmer Fahrgeld und einen Verpflegungsmehraufwand. Im Arbeitsvertrag wurde aufgeführt, dass Lohnansprüche innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit geltend gemacht werden müssen. Werde diese Ausschlussfrist verpasst, sind entsprechende Lohnnachforderungen verfallen.

Als das BAG am 14.12.2010 die CGZP als nicht tariffähig einstufte, wollte der Kläger wegen des unwirksamen CGZP-Tariflohns so bezahlt werden, wie die Stammbelegschaft im eingesetzten Betrieb. Er forderte knapp drei Monate nach dem BAG-Urteil über 7.000,00 € Lohn nach, die Differenz zwischen dem CGZP-Lohn und dem Lohn der Stammbelegschaft. Er meinte, damit die Ausschlussfrist eingehalten zu haben.

Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Die dreimonatige Ausschlussfrist habe bereits mit der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg über die Tariffähigkeit der CGZP im Jahr 2009 angefangen zu laufen. Der Kläger habe bereits damals schon Kenntnis von der Möglichkeit gehabt, „Equal-Pay“-Ansprüche geltend machen zu können. Der Leiharbeiter hätte nicht erst auf die Entscheidung des BAG zur Tariffähigkeit der CGZP warten müssen. Lohnnachschläge könnten daher nicht mehr gewährt werden.

Die Stuttgarter Richter gaben jedoch in ihrem Urteil vom 27.08.2012 dem Leiharbeiter recht. Erst mit der Verkündung des BAG-Urteils Ende 2010 und nicht schon mit der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, begann die dreimonatige Verfallsfrist für die Lohnnachforderung zu laufen. Vorher sei es selbst bei Rechtskundigen strittig gewesen, wie die Tariffähigkeit der CGZP zu werten sei. Daher sei erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens beim BAG klargeworden, dass Lohnansprüche geltend gemacht werden können.

Dem Kläger stehe daher gut 7.000,00 € Lohnnachzahlung zu. Bei der Höhe des Lohnnachschlags dürfe der Arbeitgeber die gezahlten Aufwandsentschädigungen für Fahrtkosten und Verpflegungsaufwand nicht mit der Lohnnachforderung gegenrechnen. Denn hierbei handele es sich um kein Arbeitsentgelt.

Zur Rechtsfrage, wann die Ausschlussfristen wegen unwirksamer CGZP-Tarife anfangen zu laufen, sind die einzelnen Instanzgerichte aber uneins. Neben dem LAG Baden-Württemberg entschied auch das LAG Berlin-Brandenburg, dass der Zeitpunkt des BAG-Urteils maßgeblich ist (AZ: 7 Sa 1318/11). Das LAG Nürnberg (AZ: 2 Sa 516/11) sowie die LAGs Chemnitz (AZ: 1 Sa 322/11) und Düsseldorf (AZ: 11 Sa 852/11) meinen, dass die Ausschlussfristen bereits mit der Urteilsverkündung des LAG Berlin-Brandenburg am 07.12.2009 begannen zu laufen. Zu diesem Zeitpunkt seien alle Tatsachen bekannt gewesen. In allen Verfahren haben die Gerichte die Revision zugelassen.

Nach Angaben des BAG wird voraussichtlich erst Ende 2013 über die Frage der Ausschlussfristen bei Leiharbeitsverträgen höchstrichterlich entscheiden.

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