© Alexander Steinhof - Fotolia.comBegründen Arbeitgeber nicht die Absage eines schwerbehinderten Stellenbewerbers, kann dies im Einzelfall als Indiz für eine Diskriminierung gewertet werden. Davon ist allerdings nur auszugehen, wenn ein Arbeitgeber trotz gesetzlicher Vorschriften auch zu wenig schwerbehinderte Arbeitnehmer eingestellt hat, urteilte am Donnerstag, 21.02.2013, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 180/12). Erst bei zu wenig eingestellten schwerbehinderten Arbeitnehmern bestehe die Verpflichtung, Stellenabsagen von schwerbehinderten Bewerbern zu begründen.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sollen private und öffentliche Arbeitgeber mindestens fünf Prozent ihrer Stellen mit schwerbehinderten Menschen besetzen, vorausgesetzt, bei ihnen stehen monatlich im Durchschnitt mindestens 20 Arbeitnehmer in Lohn und Brot. Bei weniger als 40 Arbeitsplätzen haben Arbeitgeber einen und bei weniger als 60 Arbeitsplätzen zwei schwerbehinderte Beschäftigte anzustellen. Bei einem unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für einen schwerbehinderten Menschen können sich Arbeitgeber von ihrer Pflicht „freikaufen“ und eine Ausgleichsabgabe zahlen.

Im konkreten Fall hatte eine schwerbehinderte Bürokraft wegen Diskriminierung geklagt. Die 1954 geborene Frau war seit 1996 im Bundespräsidialamt angestellt. Wegen gesundheitlicher Probleme riet ihr Arzt, die Stelle zu wechseln. Im Juni 2010 bewarb sie sich daher auf eine Stellenausschreibung des Deutschen Bundestages. Dieser suchte eine „Zweitsekretärin/Zweitsekretär“ für das Büro eines der Bundestagspräsidenten.

Die schwerbehinderte Frau wurde zwar zum Vorstellungsgespräch eingeladen, erhielt aber dennoch eine Absage. Warum sie die Stelle nicht erhalten hatte, wurde ihr, auch auf ihre Nachfrage hin, nicht mitgeteilt. Die Frau fühlte sich wegen ihrer Schwerbehinderung diskriminiert.

Die Stelle habe eine viel jüngere und nicht schwerbehinderte Frau erhalten. Dabei sei sie viel erfahrener und damit besser für den Job geeignet, so die Klägerin. Da die Verwaltung des Deutschen Bundestages die Absage nicht begründet habe, sei dies als Indiz für eine Diskriminierung wegen ihrer Schwerbehinderung zu werten. Sie forderte daher eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern, insgesamt 7.500,00 €.

Doch das BAG konnte keine Benachteiligung erkennen. Zwar könne das Verschweigen von Gründen für eine Stellenabsage im Einzelfall ein Indiz für eine Diskriminierung darstellen. Dies gelte aber nur, wenn der Arbeitgeber nicht – wie gesetzlich verlangt – ausreichend schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Die Klägerin habe jedoch nicht dargelegt, dass der Deutsche Bundestag als Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei.

Damit reagierten die Erfurter Richter auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19.04.2012 (AZ: C-415/10). Die Luxemburger Richter hatten entschieden, dass abgelehnte Stellenbewerber keinen generellen Auskunftsanspruch zu den Gründen einer Stellenabsage haben. Unter Umständen könne aber beharrliches Schweigen des Arbeitgebers zu einer Beweislastumkehr führen. Dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass er den Bewerber nicht diskriminiert hat.

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