Das Neckarsulmer Einzelhandelsunternehmen Kaufland muss in seiner Smartphone-App die „Kundenfeedback“-Funktion nicht abschalten. Auch wenn Kunden sich so ebenfalls zu Leistungen und Verhalten der Kaufland-Mitarbeiter äußern können, hat der Gesamtbetriebsrat kein Mitbestimmungsrecht beim Betreiben der App, entschied das Arbeitsgericht Heilbronn in einem am Donnerstag, 03.08.2017, veröffentlichten Beschluss (AZ: 8 BV 6/16).

Hintergrund des Rechtsstreits ist eine Bestimmung im Betriebsverfassungsgesetz. Danach ist die Einrichtung und Anwendung technischer Einrichtungen, mit denen das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer überwacht werden kann, mitbestimmungspflichtig. Genau darauf pochte der Gesamtbetriebsrat eines Teilkonzerns von Kaufland.

Mit der Smartphone-App können Kaufland-Kunden nicht nur Rezeptideen und aktuelle Angebote abrufen, sie haben auch die Möglichkeit über ein „Filial-Feedback“ jede einzelne Filiale mit einem positiven oder negativen Smiley zu bewerten. Optional besteht auch die Möglichkeit, einen Freitext einzugeben. Theoretisch können so einzelne Mitarbeiter bewertet werden.

In einem Vergleich hatten sich Gesamtbetriebsrat und das Handelsunternehmen darauf geeinigt, dass eine App-Funktion, mit der Kunden über die Kommentarfunktion auch Fotos an das Unternehmen schicken können, gelöscht wird. Der Betriebsrat hatte gerügt, dass Kunden Mitarbeiter mitsamt ihren Namensschildern fotografieren können.

Vor dem Arbeitsgericht hatte der Gesamtbetriebsrat nun verlangt, dass die Funktion „Filial-Feedback“ in der App ganz gelöscht wird. Dies stelle eine technische Überwachung der Arbeitnehmer dar, da Kunden sich zu einzelnen Mitarbeitern äußern könnten. Der Betriebsrat habe dieser Überwachung aber nicht zugestimmt.

Gesamtbetriebsrat von Kaufland unterliegt vor der Arbeitsgericht

Doch in seinem Beschluss vom 08.06.2017 wies das Arbeitsgericht den Antrag des Gesamtbetriebsrats zurück. Zwar sei die Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitbestimmungspflichtig. Dazu müsse die Einrichtung aber im Kern darauf abzielen, die Mitarbeiter zu überwachen oder ihre Leistung zu kontrollieren. Dies sei hier nicht der Fall.

Die bereitgestellte App mit der Kundenfunktion „Filialfeedback“ erhebe weder selbst die Daten über die Arbeitnehmer, noch würden vom Kunden als Text eingegebene Mitarbeiter-Daten später mit Programmen ausgewertet. Kaufland rufe auch nicht dazu auf, mit Hilfe der App das Personal zu bewerten.

Letztlich sei die App-Funktion vergleichbar mit einem E-Mail-Postfach des Unternehmens, bei dem Kunden Nachrichten schicken können. Selbst wenn Kunden sich über die App auch zu Kaufland-Mitarbeitern äußern sollten, werden die Daten nicht technisch, sondern nur manuell über ein Kaufland-Tochterunternehmen ausgewertet. Eine Mitbestimmungspflicht bestehe damit nicht.

Bundesarbeitsgericht hat in einem ähnlichen Fall anders entschieden

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt besteht dagegen eine Mitbestimmungspflicht, wenn ein Unternehmen auf seiner Facebook-Seite Kunden die Möglichkeit bietet, Kommentare zu einzelnen Beschäftigten zu veröffentlichen; konkret ging es hier um den Facebook-Auftritt des Deutschen Roten Kreuzes (Urteil vom 13.12.2016, AZ: 1 ABR 7/15).

Danach ist der Außenauftritt eines Unternehmens im Internet zwar grundsätzlich nicht mitbestimmungspflichtig. Würden jedoch Kommentare zur Leistung oder dem Verhalten einzelner Mitarbeiter veröffentlicht, sei dies als Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung anzusehen. In solch einem Fall müsse der Betriebsrat dem zustimmen, so das BAG.

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