Die gesetzliche Lohngleichbehandlung von Leiharbeitnehmern spätestens nach neun Monaten soll nicht durch Tricks umgangen werden. So darf eine Zeitarbeitsfirma eine Leiharbeitnehmerin nicht kurz vorher für drei Monate und einen Tag auf die Straße setzen, um sie dann wieder einzustellen, entschied das Arbeitsgericht Mönchengladbach in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 20.03.2018 (AZ: 1 Ca 2686/17).

Im entschiedenen Rechtsstreit ging es um eine Leiharbeitnehmerin, die bei einem Entleiher als Kassiererin eingesetzt wurde. Bevor sie dort neun Monate tätig war, teilte das entleihende Einzelhandelsunternehmen der Zeitarbeitsfirma mit, dass es auf die Frau für drei Monate und einen Tag verzichten will. Danach sollte sie wieder als Kassiererin dort arbeiten. Die Zeitarbeitsfirma kündigte der Frau wegen der vorübergehend fehlenden Einsatzmöglichkeit.

Hintergrund ist die gesetzliche Regelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wonach Leiharbeitnehmer in demselben Entleihbetrieb das gleiche Arbeitsentgelt verlangen können, das für vergleichbare Arbeitnehmer in der jeweiligen Branche gezahlt wird. Bei Tarifverträgen, wie hier im Einzelhandel, sind Abweichungen von in der Regel bis zu neun Monaten zulässig.

Die Zeitarbeitsfirma begründete die Kündigung damit, dass das Einzelhandelsunternehmen ihr Hauptkunde sei. 98 Prozent aller Personaleinsätze würden dort stattfinden. Es bestehe nicht die Möglichkeit, die Leiharbeiterin anderweitig zu verleihen. Der Kunde habe erklärt, dass durch die Gleichstellung der Leiharbeitnehmer bei der Vergütung ab einer Beschäftigung von neun Monaten höhere Kosten entstehen würden, die er nicht tragen wolle.

Gesetzlicher Schutz bei Leiharbeit darf nicht umgangenen werden

Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung der Frau für unwirksam. Die Zeitarbeitsfirma müsse ihr weiter Lohn zahlen, auch wenn sie für drei Monate und einen Tag nirgendwo eingesetzt werden könne.

Zwar dürften Zeitarbeitsfirmen ihre Leiharbeitnehmer kündigen, wenn für sie keine dauerhafte Einsatzmöglichkeit mehr besteht. Als „dauerhaft“ sehe das Gesetz grundsätzlich eine Frist von über drei Monaten vor. Hier habe die Klägerin aber die Zusage erhalten, nach einer Wartezeit von drei Monaten und einem Tag als Kassiererin wieder arbeiten zu können. Ein „dauerhafter“ Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit liege damit nicht vor. „Dass die Wartezeit um einen Tag länger als drei Monate war, schadet angesichts der Wiedereinstellungszusage nicht“, befand das Arbeitsgericht.

Das Vorgehen der Zeitarbeitsfirma und des Entleihers würde zudem gegen das gesetzliche Ziel verstoßen, Leiharbeiter davor zu schützen, „nicht dauerhaft als billige Arbeitskräfte eingesetzt zu werden“. Das angeführte Verhalten des Entleihbetriebs ziele darauf ab, die gesetzliche Gleichstellung von Leiharbeitnehmern auszuhebeln. Dies sei zu missbilligen.

Leiharbeitnehmer dürften in einer solchen Situation nicht schutzlos gestellt werden. Dass nun die Zeitarbeitsfirma das wirtschaftliche Risiko alleine trage, sei hinzunehmen.

Gegen das Urteil ließ das Arbeitsgericht Mönchengladbach die Berufung zum Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu.

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