Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn verfällt nicht bereits innerhalb kurzer vertraglicher Fristen. Auch Arbeitnehmer, die mehr verdienen, können drei Kalenderjahre lang Ansprüche in Höhe des Mindestlohns geltend machen, urteilte am Mittwoch, 20.06.2018, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 5 AZR 377/17). Zudem ist danach der Mindestlohn auch die Untergrenze für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Danach steht einem Bauarbeiter aus Hessen eine Nachzahlung in Höhe des Mindestlohns für einen Monat zu. Er war zum 31.12.2015 entlassen worden, zuletzt aber krank. Das Bauunternehmen leistete im September 21015 noch Lohnfortzahlung von 13,00 € pro Stunde, für Oktober 2015 aber nicht mehr.

Der Bauarbeiter klagte erst im Januar 2016. Der Arbeitgeber meinte, dies sei zu spät. Denn der Tarifvertrag schreibe vor, dass gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden müssen.

Solche sogenannten Ausschlussfristen – meist zwischen zwei und sechs Monaten – sind in fast allen Tarifverträgen und auch in den meisten individuellen Arbeitsverträgen enthalten.

Hier verlangte der Bauarbeiter vor dem BAG nur noch eine Vergütung für Oktober 2015 in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von damals 8,50 (heute 8,84) €.

Mindestlohn auch für Lohnfortzahlung

Das BAG gab ihm nun recht. Es entschied zunächst, dass der Mindestlohn auch für die Lohnfortzahlung bei Krankheit gilt. Zwar beziehe sich das Mindestlohngesetz nur auf tatsächlich geleistete Arbeit. Nach dem Lohnfortzahlungsgesetz seien kranke Arbeitnehmer aber so zu stellen, als hätten sie tatsächlich gearbeitet.

Zudem habe der Gesetzgeber den Mindestlohn als Untergrenze für die tatsächliche Vergütung sichern wollen. Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn einschränken, seien daher unwirksam. Das gelte auch für arbeitsvertragliche oder wie hier tarifliche Ausschlussfristen. Als Konsequenz verjährt der Anspruch auf den Mindestlohn erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei vollen Kalenderjahren, also des laufenden und der drei nachfolgenden Jahre.

In einem weiteren Fall entschied das BAG, dass jedenfalls eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist nicht nur durch eine Klage gehemmt wird, sondern auch, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber außergerichtlich über eine Einigung verhandeln (AZ: 5 AZR 262/17).

Daher hatte das BAG nicht mehr zu entscheiden, ob eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist insgesamt unwirksam ist, wenn sie den Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt. Für tarifliche Fristen gilt dies wohl nicht, weil Tarifverträge einer weniger strengen gerichtlichen Kontrolle unterliegen.

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