Ein Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Aushändigung der Brutto-Lohnlisten, um die gleiche Entlohnung von Frauen und Männern im Unternehmen überprüfen zu können. Lediglich die Einsichtnahme in die Entgeltlisten kann ein Betriebsrat oder ein Betriebsausschuss verlangen sowie die Möglichkeit, sich dabei Notizen machen zu können, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) München in einem am Mittwoch, 22.04.2020, veröffentlichten Beschluss (AZ: 6 TaBV 33/19). Im konkreten Fall eines Unternehmens mit 4.500 Beschäftigten erschwert dies die Überprüfung der Lohngerechtigkeit deutlich.

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz darf der Betriebsrat oder in der Regel der Betriebsausschuss – quasi die Geschäftsführung des Betriebsrates – Einsicht in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter nehmen. Das Entgelttransparenzgesetz sieht solch eine Einsichtnahme ebenfalls vor sowie die Möglichkeit, die entsprechenden Lohnlisten „auszuwerten“.

Im jetzt entschiedenen Fall geht es um ein Gemeinschaftsunternehmen mit zwei Arbeitgebern. Von diesen hatte der Betriebsrat verlangt, dass ihm die Bruttoentgeltlisten der Beschäftigten mit Ausnahme des leitenden Personals ausgehändigt werden.

Die Arbeitgeber lehnten dies ab. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei lediglich die „Einsicht“ in die Listen erlaubt, nicht aber eine Aushändigung.

Der Betriebsrat zog daraufhin vor Gericht und machte geltend, dass ihm laut Gesetz das Recht auf „Auswertung“ der Lohnlisten zustehe. Dies sei bei 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nur wirklich möglich, wenn die Lohnlisten ausgehändigt werden.

Hilfsweise beantragte der Betriebsrat, dass zumindest der Betriebsausschuss die Listen in elektronischer Form erhält, hilfsweise in Papierform unter Zur-Verfügung-Stellung von Büropersonal zum Abschreiben.

LAG entscheidet zugunsten des Arbeitgebers

Doch das LAG erteilte in seinem Urteil vom 17.12.2019 dem Betriebsrat eine Absage. Der Betriebsrat und sein Betriebsausschuss könnten die Listen weder in elektronischer noch in Papierform verlangen, auch nicht mit dem Ziel, diese abschreiben zu wollen.

Die gesetzlichen Bestimmungen und auch der Wille des Gesetzgebers würden einen solchen Anspruch auf Aushändigung der Daten an keiner Stelle vorsehen. Lediglich ein Recht auf „Einsichtnahme“ sei festgelegt. Damit solle sichergestellt werden, dass nur ein kleinerer Personenkreis mit den sensiblen Lohndaten in Kontakt kommt.

Zwar sehe das Entgelttransparenzgesetz ein „Einsehen und Auswerten“ vor. Dafür sei aber nicht notwendig die Verfügungsgewalt über eine zu prüfende Unterlage erforderlich. Der Betriebsrat und der Betriebsausschuss könnten lediglich eine „dienliche Aufbereitung der Entgeltlisten verlangen“. Der Arbeitgeber könne im Einzelfall sogar selbst Vergleichsberechnungen über die Löhne der einzelnen Geschlechter vornehmen, vorausgesetzt, der Betriebsrat habe die Möglichkeit, diese Berechnung zu überprüfen.

Der Arbeitgeber entscheide auch, ob er die Daten in Papier- oder in elektronischer Form bereitstellen will. Dies müsse auch nicht in einem bestimmten auswertbaren Tabellenformat erfolgen. „Auch darin läge ein nicht zu verlangendes Übergeben der Listen“, so das LAG. Das Recht auf die zeitlich nicht beschränkte Einsichtnahme beinhalte nicht das Recht auf eine Kopie oder das vollständige Abschreiben „zum dauerhaften Verbleib der Kopie/Abschrift beim Betriebsrat“. Lediglich Notizen seien danach erlaubt.

Das LAG ließ die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.

Das BAG hatte am 07.05.2019 zum Anspruch eines Betriebsrates auf Einsichtnahme in die Lohn- und Gehaltslisten bereits entschieden, dass ein Arbeitgeber diese nicht anonymisieren darf (AZ: 1 ABR 53/17). Inwieweit Lohngerechtigkeit in einem Unternehmen besteht, könne nur anhand von Gehaltslisten mit Klarnamen überprüft werden.

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