Bundesverfassungsgericht fordert Fairness auch bei eiliger Anordnung

Bei einem Streit um bestimmte Äußerungen dürfen Gerichte die Gegenseite nicht einfach übergehen. So viel Zeit muss auch in eiligen Fällen sein, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss zu einem Streit zwischen Polizeigewerkschaften (AZ: 1 BvR 1246/20). Andernfalls sei die „prozessuale Waffengleichheit“ nicht mehr gegeben.

In dem Streit ging es um die inzwischen abgeschlossenen Personalratswahlen bei der Bundespolizei. Diese war für den 12. bis 14.05.2020 angesetzt. Unterstützt vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) wollte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) den Wahltermin wegen der Corona-Pandemie verschieben und bemühte sich um eine entsprechende Zustimmung in Berlin. Der Hauptwahlvorstand, in dem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Mehrheit hatte, hielt jedoch an dem Termin fest.

Noch am Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung reagierte die DPolG mit einer Meldung auf ihrer Homepage: „Ohne Rücksicht auf Verluste! – DPolG und BdK fassungslos! GdP-geführter Hauptwahlvorstand hält am Wahltermin fest und vergibt große Chance!“

Die GdP zeigte sich wenig erfreut und mahnte die Konkurrenzgewerkschaft ab. Die Meldung suggeriere wahrheitswidrig, dass eine Verschiebung rechtlich möglich gewesen wäre. Zudem sei im Wahlvorstand auch die DPolG vertreten gewesen. Die DPolG antwortete per Anwalt, eine Unterlassungserklärung gab sie nicht ab.

Daraufhin beantragte die GdP beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung. In ihrem entsprechenden Antrag griff sie die Argumente des DPolG-Anwalts bereits auf und fasste auch ihr Unterlassungsbegehren neu. Das Landgericht gab dem Antrag statt.

Auf die Beschwerde der DPolG hob das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidung nun jedoch auf. Zur Begründung verwies es auf die „grundrechtlichen Anforderungen, die sich aus der prozessualen Waffengleichheit in einstweiligen Verfügungsverfahren ergeben“.

Danach sei es auch bei einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich erforderlich, auch die Gegenseite anzuhören. Das gelte auch in eiligen Fällen, die wegen ihrer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Wenn es im Vorfeld bereits Streit um eine Abmahnung gab, könne gegebenenfalls zwar auch die hierbei erfolgte Korrespondenz herangezogen werden. Das gelte aber nur, wenn Antrag und Begründung der einstweiligen Verfügung identisch sind mit dem Unterlassungsbegehren der Abmahnung.

Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Die GdP sei in der Begründung ihres Antrags auf einstweilige Verfügung bereits auf die Argumente des DPolG-Anwalts eingegangen und habe den Inhalt ihres Antrags entsprechend angepasst.

Daher habe das Landgericht Berlin nicht entscheiden dürfen, ohne die DPolG anzuhören, entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 03.06.2020. Der Verstoß hiergegen sei auch mit den derzeitigen Corona-Beschränkungen nicht zu rechtfertigen.

Ähnlich hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 2018 zu einem medienrechtlichen Unterlassungsantrag und zu einer Gegendarstellung entschieden (Beschlüsse vom 30.09.2018, AZ: 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17).

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