LAG Hamm stellt sich gegen Bundesarbeitsgerichts-Entscheidung

Ein Betriebsrat kann nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung am Arbeitsplatz verlangen. Denn grundsätzlich stehe dem Betriebsrat die Initiative zu, in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten Verhandlungen aufzunehmen und zu verlangen, worunter auch die Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung zähle, so das LAG in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 27.07.2021 (AZ: 7 TaBV 79/20).

Da diese Rechtsauffassung von einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 28.11.1989 abweicht (AZ: 1 ABR 97/88), ließen die Hammer Richter die Rechtsbeschwerde zum obersten Arbeitsgericht zu. Diese wurde bereits eingelegt und ist dort unter dem Aktzeichen 1 ABR 22/21 anhängig.

Im Streitfall hatten zwei Arbeitgeberinnen gemeinsam eine vollstationäre Wohneinrichtung der Eingliederungshilfe betrieben. 2018 hatten sie mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung „BV Clinic Planner“ abgeschlossen. Dabei handelt es sich um einen digitalen Dienstplan für die Beschäftigten.

Im Nachgang fanden noch Verhandlungen zwischen den Beteiligten zur Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems statt. Die Arbeitgeberinnen schafften hierfür zwar bereits die „Hardware“ in Form von Lesegeräten an, verzichteten dann aber doch auf solch ein System.

Der Betriebsrat rief daraufhin eine Einigungsstelle an, um die elektronische Zeiterfassung doch noch einführen zu können. So könne er die Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überprüfen.

Die Arbeitgeberinnen rügten, dass die Einigungsstelle gar nicht zuständig sei, und verwiesen auf eine Entscheidung des BAG von 1989. Danach habe der Betriebsrat zwar ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen. Dies sei aber nur ein Abwehrrecht. Auf eigene Initiative könne er dies nicht verlangen.

Zwar habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 14.05.2019 auch geurteilt, dass Arbeitgeber die gesamten Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten erfassen müssen, so dass Überstunden, Ruhe- und Höchstarbeitszeiten ermittelt und überprüft werden könnten (EuGH: AZ: C-55/18). Im Streitfall gehe es aber nicht um Arbeitszeit-, sondern vielmehr um Mitbestimmungsfragen.

Das LAG gab dem Betriebsrat jedoch recht und stellte sich damit gegen die Entscheidung des BAG von 1989. Bei der Schaffung des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 habe der Gesetzgeber bei der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten „bewusst nicht zwischen Mitbestimmungsrechten mit Initiativrecht und solchen ohne Initiativrecht unterschieden“, so die Hammer Richter. Die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, wie hier das elektronische Zeiterfassungssystem, müsse daher ein Betriebsrat auch auf eigene Initiative hin verlangen können.

Auf europarechtliche Fragen oder den Hinweis des Betriebsrates, wonach wegen des technischen Wandels nicht mehr von einem reinen Abwehrrecht auszugehen sei, komme es nicht mehr an, entschied das LAG. Es ließ aber die Rechtsbeschwerde zum BAG in Erfurt zu, die die Arbeitgeberinnen bereits eingelegt haben.

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