LAG Düsseldorf stellt sich gegen Bundesarbeitsgericht

Arbeitnehmer können einen Anspruch auf eine Grußformel am Schluss eines Arbeitszeugnisses haben. Das ist der Fall, wenn ihr Verhalten einwandfrei und ihre Leistungen zumindest leicht überdurchschnittlich waren, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 12.01.2021 entschied (AZ: 3 Sa 800/20). Es rückte damit von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ab, der Streit ist dort bereits anhängig. Ein geheucheltes Bedauern über den Weggang des Mitarbeiters muss auch laut LAG der Arbeitgeber allerdings nicht zum Ausdruck bringen.

Der Kläger war Personaldisponent bei einer Leiharbeitsfirma im Rheinland. Der Arbeitgeber kündigte zum 31.03.2020, die Kündigungsschutzklage endete mit einem Vergleich. Dieser sah neben einer Abfindung auch die Erteilung eines „qualifizierten wohlwollenden Arbeitszeugnisses“ vor.

Mit dem dann erteilten Arbeitszeugnis war der Personaldisponent allerdings nicht zufrieden. Insbesondere vermisste er eine sogenannte Schlussformel. Eine verbreitete Formulierung ist beispielsweise: „Wir bedauern seinen Weggang, bedanken uns für die geleistete Arbeit und wünschen für die private und berufliche Zukunft alles Gute.“

Das LAG Düsseldorf gab dem Kläger nun teilweise recht. Dabei betonten die Düsseldorfer Richter, dass die Zusicherung eines „wohlwollenden Arbeitszeugnisses“ in dem Vergleich nicht automatisch zum Anspruch auf eine Schlussformel führt. Maßstab für das Zeugnis sei nach der Rechtsprechung des BAG ohnehin ein „wohlwollender verständiger Arbeitgeber“ (Urteil vom 12.08.2008, AZ: 9 AZR 632/07). Der Vergleich ändere an der Rechtslage daher nichts.

Zudem hatte das BAG 2012 entschieden, dass Dank und gute Wünsche zum Schluss eines Arbeitszeugnisses freiwillig seien (Urteil vom 11.12.2012, AZ: 9 AZR 227/11).

Nach Überzeugung des LAG kann dies aber jedenfalls dann nicht mehr gelten, wenn wie hier der Arbeitgeber die Leistungen als zumindest leicht überdurchschnittlich bewertet und das Verhalten als einwandfrei. Zur Begründung verwies das LAG auf das gesetzliche „Rücksichtnahmegebot“. Dies führe zu einem Anspruch des Arbeitnehmers auf eine „widerspruchsfreie und dem beruflichen Fortkommen förderliche Bescheinigung“.

Ohne Schlussformel werde dies wesentlich beeinträchtigt, argumentierten die Düsseldorfer Richter. Der Arbeitgeber müsse diese „Lücke“ daher schließen, sofern nicht berechtigte Gründe oder Interessen entgegenstehen. Auch das BAG habe in seinem Urteil aus 2012 anerkannt, dass eine Schlussformel das Arbeitszeugnis aufwertet und die Chancen bei künftigen Bewerbungen erhöhen kann. Nach einer Untersuchung im kaufmännisch-verwaltenden Bereich würden dort 97 Prozent der Arbeitszeugnisse mit dem Ausspruch guter Zukunftswünsche beendet, 79 Prozent enthielten zudem einen Dank.

Gerade weil Arbeitgeber das BAG-Urteil aus 2012 zur Freiwilligkeit der Schlussformel kennen, sei vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass sie aus dem Fehlen der Formel negative Rückschlüsse ziehen, betonte das LAG. Das gelte gerade dann, wenn die Beurteilung in dem Zeugnis gut oder gar überdurchschnittlich ist.

„Das qualifizierte Arbeitszeugnis hat eine erhebliche Bedeutung für die Bewerbungschancen von Arbeitnehmern auf dem Arbeitsmarkt. Wenn bestimmte Schlussformeln in Zeugnissen wie aufgezeigt unbestreitbar üblich sind, werden sie in Zeugnissen jedenfalls derjenigen Arbeitnehmer, denen eine durchschnittliche oder sogar bessere Leistung und ein entsprechendes Verhalten bescheinigt wird, erwartet“, heißt es in dem Düsseldorfer Urteil. „Fehlen sie, stellt dies die positive Aussagekraft des Zeugnisses grundlegend in Frage.“

Sein „Bedauern“ über das Ausscheiden des Personaldisponenten muss der Arbeitgeber angesichts einer getrübten Stimmung zum Schluss des Arbeitsverhältnisses allerdings nicht zum Ausdruck bringen. „Dem stünde die Wahrheitspflicht entgegen“, so das LAG.

Dennoch hat die Leihfirma bereits die vom LAG zugelassene Revision eingelegt (AZ: 9 AZR 146/21).

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