LAG Erfurt: Betriebsrat muss Betriebsrätin Büroschlüssel geben

Jedes Mitglied eines Betriebsrats muss Zugang zum Betriebsratsbüro und den dortigen Unterlagen haben. Das Gesetz sieht eine Art „Minderheitenschutz“ vor, auch um eine Kontrolle der Betriebsratsarbeit zu ermöglichen, wie das Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) in Erfurt in einem Eilbeschluss entschied (AZ: 1 TaBVGa 1/21).

Im Streitfall geht es um den Betriebsrat einer Supermarktkette mit mehreren Filialen in Thüringen. Die Klägerin war bis zu Neuwahlen im Juli 2000 Betriebsratsvorsitzende. Im neuen Betriebsrat war sie zunächst nicht vertreten, rückte dann aber für einen aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Kollegen nach. Sie war befristet erwerbsgemindert und arbeitete vorübergehend nicht. Um in Ruhe die verschiedenen Unterlagen einsehen zu können, bat sie die neue Betriebsratsvorsitzende um Schlüssel für das Büro und die dortigen Aktenschränke sowie um die Zugangsdaten zum E-Mail-Postfach des Betriebsrats.

Wohl vor dem Hintergrund verschiedener Streitereien gab die neue Vorsitzende keine Schlüssel heraus. Die Klägerin könne sich an sie oder ihre Stellvertreterin wenden, wenn sie Zugang zum Betriebsratsbüro wolle. Ohnehin habe der Betriebsrat inzwischen entschieden, dass nur zwei Mitglieder gemeinsam das Büro aufsuchen dürfen.

Das LAG gab nun weitgehend der Klägerin recht. Insbesondere bestätigten die Erfurter Richter den Anspruch auf die Schlüssel und den Zugang zum E-Mail-Account.

Zunächst entschied das LAG, dass die Klägerin wählbar war und daher auch über ihre Liste nachrücken konnte. Ihre befristete Erwerbsminderung stehe dem nicht entgegen, „da eine Rückkehr in den Betrieb vorgesehen ist“.

Weiter betonte das LAG, dass das Betriebsverfassungsgesetz jedem Betriebsratsmitglied „ein jederzeitiges Einsichtsrecht“ in die Unterlagen der Arbeitnehmervertretung gibt. Daraus könne sich ein Anspruch auf die Herausgabe der notwendigen Schlüssel ergeben, wenn der Betriebsrat das Einsichtsrecht anders nicht gewährleisten kann.

„Dieses jederzeitige Einsichtsrecht des Betriebsratsmitglieds kann weder durch die Geschäftsordnung noch durch einen Beschluss des Betriebsrats eingeschränkt werden“, heißt es in dem Erfurter Urteil. „Denn das Recht auf jederzeitige Information bezweckt auch, dass jedes einzelne Mitglied jederzeit die Aufgabenwahrnehmung der anderen Betriebsratsmitglieder kontrollieren können muss.“ Der Gesetzgeber habe damit „einen Minderheitenschutz für jedes einzelne Betriebsratsmitglied“ schaffen wollen.

Hierfür sei im Streitfall die Herausgabe deines Büroschlüssels möglich und zumutbar. Für die Aktenschränke seien allerdings nicht mehrere Schlüssel vorhanden. Allerdings müsse der Betriebsrat trotzdem den jederzeitigen Zugang zu den Akten gewährleisten. Wie er dies tut, „bleibt letztlich ihm überlassen“, so das LAG. Möglicherweise könnten auch für die Aktenschränke und den Schreibtisch Schlüssel nachgemacht werden.

Das Einsichtsrecht umfasse auch die elektronische Kommunikation des Betriebsrats. Daher müsse er der Klägerin auch die Zugangsdaten für den hierfür genutzten E-Mail-Account geben, entschied das LAG in seinem auch bereits schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 29.06.2021.

Bezüglich des Büroschlüssels hatte ähnlich schon 2013 auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart entschieden (Beschluss vom 20.02.2013, AZ: 13 TAbV 11/12). Die Verweigerung sei eine „unzulässige Schikane“.

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