Beauftragt ein Betriebsrat in einem zunächst unwirksamen Beschluss einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung von Rechten der Arbeitnehmervertretung, kann der Arbeitgeber dennoch zur Übernahme der Anwaltskosten verpflichtet sein. Voraussetzung für die Übernahme der Anwaltskosten ist, dass der Betriebsrat nachträglich einen ordnungsgemäßen Beschluss fasst, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Montag, 24.02.2025, veröffentlichten Beschluss (AZ: 7 ABR 37/23). Eine rückwirkende „Heilung“ des unwirksamen Betriebsratsbeschlusses sei aber nicht möglich, wenn dem gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Fristen entgegenstehen oder der neue, ordnungsgemäße Beschluss „erst nach dem für die Beurteilung eines Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt“ gefasst wird.

Konkret ging es um einen Spielzeughersteller, der eine leitende Angestellte für die Personalabteilung eingestellt hatte. Der Betriebsrat verlangte weitere Informationen zu der Personalmaßnahme, um seine Mitbestimmungspflicht prüfen zu können. Als die Arbeitgeberin dem nicht nachkam, wurden mit Beschluss vom 23.11.2020 Anwälte beauftragt, beim Arbeitsgericht die Aufhebung der Personalmaßnahme zu erwirken.

Noch während der Probezeit kündigte die Arbeitgeberin der Angestellten. Das arbeitsgerichtliche Verfahren über die Beteiligung des Betriebsrats wurde eingestellt. Der Betriebsrat verlangte nun von der Arbeitgeberin die Übernahme der Anwaltskosten, insgesamt rund 1.530,00 €.

Die Arbeitgeberin lehnte dies ab. Der Betriebsratsbeschluss über die Beauftragung der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Denn ein Ersatzmitglied des Betriebsrats, das hätte beteiligt werden müssen, habe nicht mitgewirkt. Dies sei ein schwerwiegender Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz.

Nach inzwischen durchgeführten Neuwahlen des Betriebsrats wurde im Januar 2022 ein weiterer Beschluss gefasst, in dem die Beauftragung der Anwälte noch einmal bestätigt wurde.

Doch auch dieser Beschluss war nach Ansicht der Arbeitgeberin fehlerhaft. Die zur Betriebsratssitzung zu ladenden Ersatzmitglieder seien nicht in der richtigen Reihenfolge benannt worden. Ein weiterer Betriebsratsbeschluss im Juli 2022 über die geforderte Übernahme der Anwaltskosten fiel bei der Arbeitgeberin ebenfalls durch. Diesmal sei unklar, welche Ersatzmitglieder nachzuladen waren und ob die gesetzlich vorgeschriebene Geschlechterquote bei der Besetzung des Betriebsrats eingehalten wurde.

BAG entscheidet zugunsten des Betriebsrats

Das BAG entschied mit Beschluss vom 25.09.2024, dass die Arbeitgeberin zur Übernahme der Anwaltskosten verpflichtet sei. Die Beauftragung der Anwälte sei zur Durchsetzung der geltend gemachten Mitbestimmungsrechte erforderlich gewesen. Wenn ein Betriebsrat zu diesem Zweck die Beauftragung eines Anwalts beschließe, müsse die Arbeitgeberin grundsätzlich zahlen.

Sei der Betriebsratsbeschluss nicht „ordnungsgemäß“ gefasst worden, sei dieser unwirksam. Dies sei bei dem Beschluss aus dem Jahr 2020 der Fall gewesen. Denn bei der Beschlussfassung habe ein anderes Ersatzmitglied mitgewirkt als eigentlich vorgesehen war. Sei ein Betriebsratsmitglied nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt worden, sei zunächst das Ersatzmitglied der Liste zu berücksichtigen, der auch das ausgeschiedene Mitglied angehört habe. Zudem müsse beim Nachrücken das Minderheitsgeschlecht entsprechend seines Anteils bei den wahlberechtigten Arbeitnehmern berücksichtigt werden.

Danach sei auch der Betriebsratsbeschluss vom Januar 2022 nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Der Beschluss vom Juli 2022 habe die Fehler jedoch geheilt, so dass die Beauftragung der anwaltlichen Tätigkeit in korrekter Weise nachträglich genehmigt worden sei.

Die rückwirkende „Heilung“ eines unwirksamen Betriebsratsbeschlusses sei jedoch nicht möglich, wenn gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Fristen dem entgegenstünden oder der neue, ordnungsgemäße Beschluss „erst nach dem für die Beurteilung eines Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt“ gefasst werde.

Im Streitfall habe dem Betriebsratsbeschluss keine gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Fristen entgegengestanden. Zudem seien die Umstände für die Prüfung der Erforderlichkeit über die Heranziehung eines Anwalts „offen für eine nachträglich bestätigende Bewertung“ gewesen, so das BAG.

Bildnachweis: © sabine voigt – Fotolia.com

 

 

Kündigung Aufhebungsvertrag Blaufelder Dornhan

 

Gesunde Arbeitskultur JETZT

Gesunde Arbeitskultur Jetzt

In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-Württemberg tätig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im Gäu, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.

 

Podcast Arbeitsrecht

In unserem Podcast Arbeitsrecht wollen mein Kollege Jürgen Sauerborn und ich unterhaltsam, kurzweilig und in leicht verständlicher Sprache über Wichtiges und Neues aus dem Arbeitsrecht und dem angrenzenden Sozialrecht informieren.

 

Monatlicher Newsletter

Monatlicher Newsletter von Thorsten Blaufelder

In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.

Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…

Coaching Arbeitsicherheit Newsletter

 

Warum nicht mal Mediation probieren?

Vielleicht sollten es Streitparteien öfters mal mit Mediation versuchen. Ziel einer Mediation ist eine “win-win”-Lösung, bei der am Ende beide Streitparteien als Gewinner hervorgehen und eine eventuell langjährige Geschäftsbeziehung wertschätzend fortgesetzt werden kann.

Glas Konflikt Eskalationsstufen Mediation Blaufelder