Auch bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,0 Promille muss der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht entfallen. Stürzt ein alkoholisierter Landwirt auf dem Weg zum Hühnerstall von einer Kellertreppe, kommt es für den Unfallversicherungsschutz darauf an, ob der Sturz auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zurückzuführen ist, entschied das Sozialgericht Landshut in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 02.07.2025 (AZ: S 15 U 5011/24).
Bei dem Kläger handelt es sich um einen Rentner, der als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebs gesetzlich in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung pflichtversichert ist. Er wohnt dort auch zusammen mit seiner Ehefrau.
Am 1. Weihnachtsfeiertag im Jahr 2023 bekam der Kläger Besuch von seiner Familie. Nach dem Abendessen wurde Bier und Schnaps getrunken.
Dann fiel dem Mann ein, dass die 34 Hühner versorgt und der Hühnerstall zugeschlossen werden muss. Auf dem Weg dorthin musste er über die Kellertreppe und eine Schmutzschleuse nach draußen gehen.
Beim Hinuntergehen der Kellertreppe stürzte der Mann. Wegen der erlittenen Verletzungen musste er mit dem Rettungshubschrauber in ein Uniklinikum gebracht werden. Er erlitt eine Halsmarkschädigung und leidet seitdem unter einer Querschnittlähmung (Tetraplegie).
Den Sturz wollte sich der Mann von der gesetzlichen Unfallversicherung als Arbeitsunfall anerkennen lassen.
Die Unfallversicherung wies ihn ab. Zum einen sei nicht nachgewiesen, dass er im Unfallzeitpunkt eine Tätigkeit verrichtet habe, die in einem inneren Zusammenhang mit dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmen stehe. Er habe sich vielmehr im Wohnhaus und damit in seinem persönlichen Lebensbereich befunden. Der Unfallversicherungsschutz beginnen jedoch erst, wenn die private Sphäre verlassen werde.
Zum anderen sei er alkoholisiert gewesen. Bei ihm wurden 2,0 Promille festgestellt. Ohne den Alkoholkonsum wäre er wohl nicht gestürzt.
Das Sozialgericht urteilte, dass der Kläger einen versicherten Arbeitsunfall erlitten habe. Er sei auf einen Betriebsweg gestürzt, nämlich auf dem Weg Richtung Hühnerstall. Ein Betriebsweg könne auch von zu Hause aus angetreten werden, „wenn er unmittelbar der Erfüllung einer Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dient“. Dies sei hier der Fall gewesen.
Entscheidend sei, dass die Zurücklegung des Weges „nach der objektivierten Handlungstendenz betrieblichen Interessen diente“. Nach den Zeugenaussagen könne zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass der Kläger zum Hühnerstall gehen und die Auslaufklappe zumachen wollte. Dass der Weg über die Kellertreppe führte, sei auch plausibel, da im Keller sich eine Schmutzschleuse befand. Dort habe der Kläger seine Arbeitskleidung anziehen können.
Auch die Alkoholisierung des Klägers schließe den Unfallschutz nicht aus. „Zu einer Ablehnung des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes führt eine Alkoholisierung aber nur dann, wenn diese – objektiv nachgewiesen – zu alkoholbedingten Ausfallerscheinungen bzw. einem alkoholbedingten Leistungsabfall geführt hat“ und dies eine wesentliche Ursache für den Unfall gewesen sei.
Hier hätten die Zeugen jedoch übereinstimmend ausgesagt, dass der Kläger keine Ausfallerscheinungen gezeigt habe. Er trinke zudem täglich mindestens eine Flasche Bier, so dass er an den Genuss von Alkohol gewohnt war. Mit – hier nicht nachgewiesenen – alkoholbedingten Ausfallerscheinungen sei dann nicht so schnell zu rechnen.
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